Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll187. Sitzung / Seite 112

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Regierung, in Brüssel Klartext zu reden und gegen einen Ausverkauf des Wassers zu stimmen. (Beifall beim BZÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.56.49

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sprechen heute über Wachstum und Beschäftigung, und wenn wir über Wachstum und Beschäftigung in Europa sprechen, dann müssen wir auch über die Krise sprechen, von der ja einige sagen, dass wir sie ausgestanden haben.

Gerade in den letzten Wochen hört man von den Kommentatoren auch international, dass es auch bei den Politikern einige Tendenzen gibt, zu glauben, dass diese Krise jetzt ausgestanden ist. Ich würde das auch gerne glauben; ich würde es mir sogar wünschen, dass wir diese Krise ausgestanden haben.

Letztlich geht es aber darum, zwei Dinge herauszufinden. Erstens: Ist das wirklich so? Ist diese Krise ausgestanden? Und zweitens: Können wir tatsächlich – was hier unterstellt wird – wieder dort weitermachen, wo wir 2008 aufgehört haben? Dass das nicht funktioniert, sieht man an einem einfachen Beispiel: Wenn jemand einen Herzinfarkt hatte und der Arzt dem Patienten nach der Behandlung sagt, er könne so weiterleben wie bisher, dann kann ich Ihnen eines versprechen: Er wird wieder einen Herzinfarkt haben. Das heißt, wir müssen aus dieser Krise, die 2008 begonnen hat, jetzt endlich unsere Lehren ziehen.

Wenn wir uns die Frage stellen, ob diese Krise vorbei ist, dann müssen wir uns auch fragen, was diese Krise ausgelöst hat. Es waren drei Dinge – unter anderen –, die diese Krise ausgelöst haben:

Das war erstens die Abkehr von der Realwirtschaft hin zu einer Finanzwirtschaft. Da stellt sich die Frage: Ist das jetzt besser als 2008? – Die Antwort ist eindeutig nein, es ist sogar noch schlechter. Wenn Sie das nicht glauben, dann gehen Sie einmal zu jemanden, der für einen Betrieb einen Kredit haben will. Ihm zeigt man die lange Nase, weil die Banken viel lieber spekulieren, als das Geld der Realwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Also in diesem Punkt ist es eindeutig schlechter als 2008.

Zum zweiten Punkt: Wir hatten 2008 ein System der Schuldenwirtschaft. Das heißt, die Wirtschaft weltweit ist nur noch durch Schuldenwachstum gewachsen, jeder Euro mehr Schulden hat auch entsprechendes Wirtschaftswachstum generiert. Das kann aber nicht funktionieren, und das haben wir 2008 auch gesehen. Was ist geschehen? – Es ist jetzt noch schlechter als 2008.

Ein Punkt ist auch ganz wichtig, das sind die Derivate. Es sind diese toxischen Papiere und Derivate, die 2008 im Umfang von 500 Billionen Dollar im Umlauf waren. Und ist das jetzt weniger? – Nein, ganz im Gegenteil: Während die Wirtschaft nur minimal gewachsen ist, sind diese Derivate um fast 30 Prozent gewachsen – und niemand kümmert sich darum! Das ist mehr als das Zehnfache der Realwirtschaft; das Zehn­fache der Realwirtschaft schlummert in diesen toxischen Papieren, in diesen Derivaten, und es kümmert sich niemand darum.

Einstein hat einmal gesagt, wer immer das Gleiche tut und andere Ergebnisse erzielen möchte, ist verrückt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat das gesagt?) – Wir können nur hoffen, dass Einstein nicht recht hatte, denn wir tun genau das Gleiche wieder, das zur Krise 2008 geführt hat (Abg. Scheibner: Das Gleiche oder dasselbe?): Wir machen unsere Hausaufgaben nicht! Wir machen sie weder hier in Österreich noch


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