Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 65

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Ein paar wenige Wirtschaftler immerhin gibt es noch in der ÖVP. Herr Bundesminister, Sie haben selbst gesagt, ein kleiner, mittelständischer Unternehmer hat heutzutage gar keine Freude mehr am Selbständig-Sein. Seinen Kindern rät er schon, den Beamten­status einzugehen, weil Selbständigkeit in Österreich fast Selbstausbeutung bedeutet und unterm Strich immer weniger bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eindeutige statistische Aufzeichnungen, die das belegen.

In Österreich haben wir eine Steuer- und Abgabenlast von 53 Prozent. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Stimmt nicht! Ausgabenquote !) Die Deutschen haben 46 Prozent, und der europäische Durchschnitt liegt bei 42 Prozent. Kein Wunder, Herr Bundesmi­nister, dass so viele Arbeitgeber, so viele kleine Mittelständler zusperren müssen und sich nicht einmal mehr den Gang in die Pension leisten können. Das ist das Bild der kleinen, mittelständischen Unternehmer in Österreich. Daher kann es gar keine sinn­vollere Maßnahme geben, als die Steuern zu senken und die Abgabenlast nach unten zu drücken, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das Rezept auf europäischer Ebene kann nicht sein, dass wir ständig die maroden Banken und die Pleiteländer unterstützen – im Blick, dass sich nichts zum Positiven wendet, alles immer schlechter wird.

Die Schuldenlast steigt selbst in jenen Ländern, die wir mit Milliardenbeträgen fördern, in denen Sparpolitik betrieben wird, in denen die Arbeitslosigkeit steigt, in denen es keine Perspektive gibt. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir uns auf den Wirtschaftsstandort Österreich besinnen. Das ist unsere Zukunft. Verges­sen Sie die Vergangenheit der europäischen Südländer, die aus ihrer maroden Situa­tion nicht mehr herauskommen! (Beifall beim BZÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.29.34

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir ha­ben heute schon von vielen Seiten gehört, dass Österreich im europäischen Vergleich relativ gut dasteht. Jetzt stellt sich die Frage, warum das so ist. Warum stehen wir in manchen Bereichen, was zum Beispiel die Arbeitslosigkeit betrifft, verhältnismäßig besser da als andere Länder? Dafür gibt es einen Grund, der hier leider immer wieder verschwiegen wird. Der Grund dafür ist, dass wir – historisch betrachtet und auch noch aktuell – an der Konjunkturlokomotive Deutschland hängen. Das war immer so und das wird wahrscheinlich auch in Zukunft noch lange so sein.

Deutschland profitiert von einem unterbewerteten Euro, der die unterschiedlichen Zah­lungsbilanzströme nicht ausgleicht und so künstlich niedrig gehalten wird. Das heißt, Deutschland exportiert überdurchschnittlich, Deutschland exportiert viel, viel mehr, als es normalerweise sollte. Deutschland hat über 10 Prozent Handelsbilanzüberschüsse, wobei andere Länder mehr als 10 Prozent Handelsbilanzdefizite haben.

Deutschland hat ein Modell, das auf Sand gebaut ist. Deutschland ist nicht nur Export­weltmeister, nein, Deutschland exportiert nicht nur Waren – Deutschland exportiert auch Geld. Das heißt, Deutschland hat ein Modell, das aus meiner Sicht sehr, sehr ei­genartig ist. Zuerst exportiert es Geld über TARGET2 und über die Deutsche Bundes­bank in jene Länder, die dann mit dem Geld der Deutschen die Produkte kaufen, und keiner fragt sich, ob das Geld jemals wieder zurückkommt. Das heißt, bei diesem Spiel sind schon fast 1 000 Milliarden im TARGET2-System angehäuft worden.

Die Deutschen und wir Österreicher freuen uns, dass das alles so tadellos funktio­niert – so lange, bis das böse Erwachen kommt, und ich sage Ihnen, das böse Erwa­chen wird kommen. Dann ist die Frage, und diese Frage stelle ich heute hier, denn


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