Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 232

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Anzeige erstattet haben. Zuvor war es noch ein Privatanklagedelikt und hat dement­sprechend emotionalen Druck auch auf die Opfer ausgeübt.

Der Tatbestand der schweren Nötigung wurde dabei um die Tathandlung der Nötigung zur Eheschließung ergänzt. Nötigende Ehepartner wie auch mitwirkende Dritte werden einer einheitlichen Sanktion unterstellt. Das Strafausmaß wurde in einem Zuge auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe angehoben, und auch eine sogenannte Ferienverheiratung, die während einer Urlaubsreise im Heimatland der Eltern oder des Täters gegen den Willen des Opfers erfolgt, ist strafbar.

Alle aufgezählten Punkte, inklusive des Strafausmaßes, finden sich auch im deutschen Gesetzestext wieder. Auch wenn in Österreich der Begriff der Zwangsehe oder der Zwangsheirat nicht explizit verwendet wird, haben wir als Gesetzgeber sehr deutlich die Wertung des Deliktes zum Ausdruck gebracht.

Lediglich eine Änderung der Begrifflichkeiten würde für die Opfer keinen zusätzlichen Schutz bieten, und bei den Tätern – die Zwangsehe ist bereits explizit verboten – stelle ich auch die zusätzlichen Auswirkungen in Frage. Vielmehr bedarf es einer offenen Dis­kussion mit den Eltern und der Kommunikation der gesetzlichen Bestimmungen, aber auch der österreichischen Wertvorstellungen der Ehe.

Auch eine entsprechende Betreuung der Opfer muss gewährleistet sein, da sich gerade beim Verfahren die Betroffenen gegen das Elternhaus und teilweise auch gegen traditionelle Vorstellungen erheben müssen. Vonseiten des Justizministeriums werden in Zusammenarbeit mit Opferschutzorganisationen wie dem Verein LEFÖ oder dem Weißen Ring die Opfer kostenfrei psychosozial und juristisch begleitet. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus all diesen Gesichtspunkten heraus und im Hinblick auf die bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmungen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.48.17

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwangsehe und Genitalverstümmelung sind große Probleme und in keiner Weise tolerierbar. Ich glaube, darüber herrscht hier im Hohen Haus bei allen Parteien Einigkeit.

Zum Antrag, der zur Diskussion steht, möchte ich sagen, dass wir diesem nähertreten können. Wir würden ihm auch zustimmen, wenn er nicht „abgedreht“ worden wäre.

Ich kann auch der Argumentation der Grünen und der SPÖ diesbezüglich nicht folgen, dass es bereits § 106 gibt, in dem die schwere Nötigung verankert ist. Ich kann dieser Ihrer Argumentation vor allem dann nicht folgen, wenn ich mir Ihre Forderung vor Augen führe, dass das Po-Grapschen im § 218 StGB verankert werden soll.

Man möge hier die Relation betrachten: Beim Po-Grapschen gibt es keine Gewalt, keine gefährliche Drohung, das ist hier nicht im Spiel. Sie wollen das hier im Gesetz verankern. Aber was diesen Antrag betrifft, wo es um Zwangsehen geht, wo es wirklich um Gewalt geht, wo es darum geht, dass Frauen bedroht, oft auch ermordet werden, machen Sie nichts und argumentieren das einfach so weg! (Beifall beim Team Stronach.)

Durch die Einführung des eigenen Straftatbestandes Zwangsehe würde meiner Mei­nung nach ein gesellschaftspolitisches Zeichen gesetzt, nämlich dahingehend, dass


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