Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 100

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Neben den in den Erläuterungen thematisierten KSchG-Bestimmungen enthält § 107 TKG 2003 ein Verbot von „Cold Calling“-Anrufen. Die sich hieraus ergebenden Sank­tionen (Verwaltungsstrafe, UWG-Ansprüche von Mitbewerbern) reichen aus, um der­artige Praktiken zurückzudrängen. Der – ohnehin optionalen – Umsetzung von Art 8 Abs 6 der Richtlinie bedarf es unter Schutzgesichtspunkten also nicht.

Selbst wenn man Art 8 Abs 6 der Richtlinie freiwillig umsetzen will, müsste im Geset­zestext zum Ausdruck kommen, dass „Cold Calling“ gemeint ist. Der im Entwurf ent­haltene § 9 Abs 2 FAGG ist überschießend und bezieht sich auf jeden Dienstleistungs­vertrag, der „während eines vom Unternehmer eingeleiteten Anrufs ausgehandelt“ wur­de. Dies hätte zur Folge, dass Unternehmer selbst mit ihnen bereits in einer regelmä­ßigen Geschäftsbeziehung stehenden Kunden telefonisch keine Folgeaufträge uä ver­einbaren können, ohne dass der Kunde eine schriftliche Annahmeerklärung übermittelt. Diese Regelung belastet Unternehmer sehr schwer, weshalb § 9 Abs 2 FAGG zumin­dest im Wege eines Verweises auf „Anrufe iSd § 107 Abs 1 TKG 2003“ einzuschrän­ken ist.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


14.35.14

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mit der vorliegenden Novelle setzt Österreich nun endlich die Verbraucherrechte-Richtlinie der EU um – eigentlich deshalb, weil Österreich damit schon im Verzug war und es jetzt auf einmal schnell gehen hat müssen. Nachdem die Beamten des Justizministeriums einen Entwurf schon lange fertiggestellt hatten, verstaubte dieser in der Schublade des Kabinetts des Jus­tizministeriums. Nun hat diese Regierung alle Eile, den Entwurf bis Juni tatsächlich in Kraft treten zu lassen.

Wir haben uns schon bei der Ausarbeitung der Richtlinie dafür starkgemacht, dass in Europa das vergleichsweise hohe österreichische KonsumentInnenschutz-Niveau mög­lichst beibehalten werden muss. Die österreichische Bundesregierung hat bei den Ver­handlungen den Standpunkt einer zielgerichteten Vollharmonisierung vertreten und versucht, es bei jenen Teilbereichen des Verbraucherrechts, bei denen die österreichi­schen Regelungen tendenziell über jene der anderen europäischen Staaten hinausge­hen, bei einer Mindestharmonisierung zu belassen. Das ist zum Großteil gelungen.

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass aufgrund der verschiedenen Anwendungs­bereiche der Schutzbestimmungen das Verbraucherrecht in Österreich damit nicht bes­ser lesbar und damit auch nicht bürgernäher geworden ist. Wir werden in Zukunft des­halb ein Augenmerk darauf haben müssen, inwieweit wir im Sinne der Einheit der Rechtsordnung bestimmte Verträge wie Gesundheitsdienstleistungen, wie Pauschalrei­sen oder bestimmte Finanzdienstleistungen in den Vollanwendungsbereich des Konsu­mentenschutzrechts in Österreich integrieren können.

Ein besonderes Darauf-Eingehen verdient der ebenfalls in der Novelle geregelte Be­reich des Cold Calling. Da wird geregelt, dass telefonisch abgeschlossene Dienstleis­tungsverträge erst mit der schriftlichen Annahme durch den Konsumenten, durch die Konsumentin gültig werden sollen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen unerwünschten Werbeanruf nach dem Telekommunikationsgesetz gehandelt hat oder nicht.

Gegen diese Regelung gab es auch viel Widerstand. Wir halten sie dennoch für wichtig. Wir finden, dass Werbeanrufe in Österreich noch immer ein großes Problem


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