Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll39. Sitzung / Seite 82

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Pies­czek. – Bitte.

 


13.25.37

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es hat jetzt in dieser Diskussion zur Regierungsumbildung zu Recht einen Verweis auf die extrem besorgniserregende geopolitische Situation gegeben.

Ich möchte aber trotzdem sagen, dass es für mich befremdlich war, dass es aus­schließlich um den Aspekt gegangen ist, Schaden von Österreich abzuwenden in dem Sinne, dass man Sanktionen und die Auswirkungen von Sanktionen gegen Russland diskutiert. Der Hinweis auf den Völkerrechtsbruch war hier zumindest eine wichtige Richtigstellung, aber was mir vollkommen gefehlt hat, ist auch die Frage, wie man mit diesem menschlichen Leid, das mit diesen Katastrophen verbunden ist, auch aus ös­terreichischer Verantwortung umgeht. Hier wünsche ich mir eine viel humanitärere Flüchtlingspolitik und auch viel mehr Augenmerk der gesamten Europäischen Union auf diese Millionen von Menschen, von denen im Moment jeder und jede Einzelne schreckliche Schicksale zu verkraften hat – Tod, Elend, Vertreibung, Mord –, und ich wünsche mir eine stärkere Rolle der Republik Österreich. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Seit 1945 haben wir von 69 Regierungsjahren 41 Regierungsjahre von Rot/Schwarz – das ist doch eine recht imposante Zahl –, seit 2008 eine rot-schwarze Regierung unter der Kanzlerschaft von Werner Faymann, und es ist mit 50,8 Prozent mittlerweile die kleinste große Koalition aller Zeiten geworden. Ich glaube, man muss nicht im Sommer unterwegs gewesen sein, um mitbekommen zu haben, was sich in den letzten Mona­ten in der Bevölkerung abgespielt hat. Der Zustimmungstiefpunkt zur Politik insgesamt, aber vor allem zur Regierungspolitik war noch nie so tief wie jetzt. (Abg. Fekter: Wird schon wieder besser!) – „Wird schon wieder besser!“, sagt Frau Kollegin Fekter und lä­chelt. Ja, Sie sitzen jetzt nicht mehr im Finanzressort, ich nehme an, das ist vielleicht ein kleiner Hinweis, dass es besser werden kann. (Beifall bei den Grünen.) – Man ver­zeihe mir jetzt diese Bosheit!

Aber es gibt in erster Linie auch einen Riesenfrust in der Bevölkerung darüber, dass vor der Wahl ein völlig anderes Bild gezeichnet worden ist, zum Beispiel was die Hypo Alpe-Adria betrifft, die Belastung für die Bevölkerung, die Belastung für jeden und jede Einzelne, und auf der anderen Seite auch unglaubliche Versprechungen gemacht wur­den – Steuerentlastung, Entfesselung und ich weiß nicht, was da alles gekommen ist. Aus dem heraus ist schon ein sehr großer Frust entstanden, denn bis auf die aus meiner Sicht falsche Abwicklungsidee mit der Hypo Alpe-Adria – der ganze Schatten, der über jeglicher politischer Debatte gestanden ist – haben wir in diesem Land in den letzten Monaten de facto Stillstandsverwaltung erlebt. Das ist unbestreitbar, das kann man leider nicht leugnen. Einen Plan konnte man im Wesentlichen nicht wirklich erken­nen.

Ich sage in aller Offenheit, einen Plan hat es auch bei dieser Regierungsumbildung nicht wirklich gegeben, gerade bei der SPÖ-Umreihung. Frau Oberhauser, ich schätze Sie, Sie sind jetzt die Fachkompetenz in diesem Ressort, aber ansonsten dürften schon auch machtpolitische Überlegungen eine Rolle gespielt haben, und weniger, was wirk­lich notwendig für einen „Neustart“ – unter Anführungszeichen – dieser Regierung ist.

Der Begriff „Neustart“ ist oft gefallen, und eines kann ich mit Sicherheit sagen: Es ist Ih­re letzte Chance als Rot und Schwarz, die allerletzte Chance. Wenn jetzt nicht im Be­reich der steuerlichen Entlastung, der Steuerreform, der Bildungsreform – diese ist an allererster Stelle zu nennen – etwas Substanzielles passiert, dann haben Sie aus mei-


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