Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 92

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in der heutigen Gesellschaft, die sich ja in der Zwischenzeit stark gewandelt hat, an­wendbar. Aber auch hier gilt selbstverständlich: Wer Gutes bewahren will, muss man­ches verändern.

Das gilt auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die von ihrer Rechtsnatur her wohl die dehnbarste, flexibelste, individuellste Gesellschaftsform ist, mit den geringsten Formvorschriften. Genau das hat sie auch zum Auffangnetz für alle möglichen Formen von Zusammenschlüssen von Menschen gemacht, oft gar nicht explizit abgeschlossen, sondern schlüssig durch bestimmte Umsetzungshandlungen zustande gekommen, zum Beispiel – das ist einem oft gar nicht so bewusst – bei Veranstaltungen, Organisa­tion von Reisen, also bei gemeinschaftlichen Unternehmungen, bei denen verschie­denartige Beiträge geleistet werden.

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dadurch auch zu einer Andockstelle für die richterliche Rechtsfortbildung geworden, besonders intensiv genutzt im familienrechtli­chen Kontext, um etwa bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften, gerade wenn es um die Aufteilung von Vermögen, von Verbindlichkeiten geht, auch noch einigermaßen ge­rechte Kriterien aufzustellen, wie das alles aufgeteilt werden soll.

Ich habe mich auch versichert, ob es irgendwelche Auswirkungen auf genau diese fa­milienrechtlichen Konstellationen gibt. Das wurde verneint. – Ich möchte jedoch trotz­dem noch betonen, dass es hier auch spezielle familienrechtliche Konstruktionen bräuchte, aber das ist eine andere Geschichte.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen, dass mit dieser Reform etwas Gutes ge­lungen ist, dass mehr Rechtssicherheit, mehr Rechtsklarheit geschaffen wird und dass damit die Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiterhin lebendig bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.27


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Troch. Ich stelle Ihnen 3 Minuten ein. – Bitte.

 


13.27.31

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Vorgeschichte dieser Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die, dass schon im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP für die letzte Gesetzgebungsperiode vorgesehen war, das AGBG zu seinem 200-jährigen Bestand zu erneuern und abschnittsweise – wie wir schon gehört haben – zu überarbeiten.

In Bezug auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts konnte festgestellt werden, dass diese noch weitgehend in der Stammfassung von vor 200 Jahren in Kraft stand. Das belegt einerseits die große Bestandskraft des AGBG, andererseits waren aber manche Bestimmungen nicht mehr zeitgemäß, wie jene zur Geschäftsführung oder zur Haftung der Gesellschafter. In diesem Sinne hatte das Justizministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Herausgekommen ist nach reiflicher Beratung und sachlicher Diskussion eine Fassung hoher Qualität.

Die GesbR wird also an das heutige Leben angepasst und modernisiert, behält aber ih­re Grundstruktur bei. Dazu gehört auch weiterhin der Vorrang der Privatautonomie. „Vorrang der Privatautonomie“ heißt, dass die Gestaltung des Gesellschaftsverhältnis­ses wie bisher grundsätzlich den Parteien des Gesellschaftsvertrages obliegt. Daraus folgt, dass die gesetzlichen Regelungen weitgehend dispositiv sind. Die wichtigen Ord­nungsfragen der Gesellschaft sollen sich aber aus den Gesetzen beantworten lassen, und dies ist auch der Fall.

Es soll die GesbR in ihren Wesensmerkmalen unverändert bleiben. Das heißt, es wird ihr keine eigene Rechtspersönlichkeit zugebilligt, sie kann also keine juristische Person


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