Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 97

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etwas mehr als vier, europaweit im Schnitt elf. Das ist ein Unterschied, der markant ist. Jeder Staatsanwalt in Österreich hat 1 500 neue Fälle pro Jahr, europaweit sind es im Schnitt nur 400.

Das sind Daten, die uns schon interessieren müssen. – Ich weiß, was jetzt kommen wird: Die österreichische Justiz ist trotzdem in der Verfahrenserledigung schnell. Das ist zwar richtig, aber man muss sich schon fragen, wie lange ein System funktioniert, das derart am Limit arbeitet. Kurzfristig mag es gelingen, längerfristig, und darüber werden wir in zwei, drei, vier, fünf Jahren diskutieren, bin ich mir absolut sicher, dass dieses Verhältnis EinwohnerInnen zu RichterInnen nicht funktionieren und die Verfah­rensdauer natürlich steigen wird. Eine Zeit lang ist es immer möglich, das abzufangen. Die Verfahren werden jedoch komplexer, sie werden schwieriger. Wir beschließen ein Gesetz nach dem anderen – das ist möglicherweise okay –, vielleicht kommt die eine oder andere Entlastung aus dem Strafgesetzbuch – ich glaube es nicht –, und die RichterInnen werden weniger. Das kann nicht funktionieren! Das kann nicht funktio­nieren, und daher müssen wir auch über diesen Aspekt der Justiz reden, der Ihnen we­niger gefallen hat. Deswegen war er auch nicht in Ihrer OTS-Aussendung drinnen.

Eine funktionierende Justiz, rasche Verfahren, eine sinnvolle und notwendige Ausstat­tung der Justiz sichern die Qualität des Rechtsstaats, und die ist unser Anliegen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.45


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Brandstetter. – Bitte.

 


13.45.26

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Präsidentin! Das passt jetzt sehr gut zum heutigen Beschlusspunkt: der Rücknahme einer weiteren ursprüng­lich geplanten Anpassung der Wertgrenzen.

Herr Kollege Schrangl, Sie wissen, die Daten und Fakten, um die es hier geht, sind kein Geheimnis. Sie hätten sie auch jederzeit bekommen können, auch im Justizaus­schuss. Das ist überhaupt kein Thema.

Worum geht es? – Es geht um Daten und Fakten aufgrund eines aktuellen Control­lings, das wir natürlich haben. Wir schauen uns die Gerichtsauslastung immer ganz ge­nau an, und das ist auch gut so. Aufgrund dieses Controllings konnten wir feststellen, dass das Ziel, nämlich eine sinnvolle Auslastung sowohl der Bezirksgerichte als auch der Gerichtshöfe erster Instanz zu erreichen, mit der ersten Etappe dieser Wertgren­zen-Novellierungen bereits erreicht werden konnte. Alles Weitere ist weder notwendig noch sinnvoll. Im Gegenteil, es wäre sogar kontraproduktiv. Das ist der einzige Grund, weshalb wir das jetzt eben nicht weiterführen wollen.

Herr Kollege Schrangl, eigentlich haben Sie in Ihrer Argumentation einen Denkfehler drinnen, denn in Wahrheit ist doch das, was wir jetzt tun, genau das Gegenteil von dem, was Sie befürchten. Wir wollen eben auch weiterhin die Auslastung der Be­zirksgerichte auf einem sinnvollen Niveau sicherstellen. Das hat überhaupt nichts zu tun mit einer allfällig drohenden weiteren Welle von Schließungen von Gerichten, wie Sie das jetzt in den Raum gestellt haben. Das ist völlig verfehlt, hat nichts damit zu tun. In Wahrheit gilt genau das Gegenteil. Wir wollen die Auslastung sicherstellen. Wir wol­len sicherstellen, dass bei ohnehin knappen Personalressourcen, wie bereits ange­sprochen, wirklich bestmöglich gearbeitet werden kann. Daher ist das, was Sie gesagt haben, in sich eigentlich nicht schlüssig. Ich kann Ihnen versichern: Das, was heute hier Sache ist, worum es heute hier geht, hat absolut nichts zu tun mit irgendwelchen Planungen weiterer Schließungen. Das ist einfach nicht so, wäre auch unlogisch!

 


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