Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 56

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Die sonderbare Wandlung dieser Deutschen Telekom von einem, wenn Sie wollen, Dr. Jekyll in Europa zu einem Mr. Hyde in den USA ist schon sehr eigenartig, kann aber auch bei anderen Unternehmen beobachtet werden. Möglich macht das allein der viel geringere Standard bei den ArbeitnehmerInnenrechten und bei den Gewerkschafts­rechten. Da kann Frau Kommissarin Malmström, wie sie das gestern hier im Parlament getan hat, noch so häufig erklären, bei TTIP würden keine Regeln verhandelt, die un­sere Standards senken. Das mag schon sein, aber eines ist auch klar, meine Damen und Herren: TTIP würde den internationalen Wettbewerb zwischen den amerikani­schen und europäischen Firmen so verschärfen, dass die österreichischen und die eu­ropäischen Firmen dann unter großen Druck geraten würden, denn wenn sich US-Un­ternehmen in diesem Wettbewerb durch Lohn-, Sozial- und Umweltdumping Vorteile verschaffen können, dann erhöht das doch automatisch den Druck auf uns, unsere Standards aufzuweichen.

Darum sind die anderen Punkte in unserem Antrag auch so wichtig. In ihnen fordern wir, dass unsere Freihandelspartner wenigstens soziale, arbeitsrechtliche und umwelt­politische Mindeststandards umsetzen müssen. Die USA haben das noch nicht ge­macht.

Intensivere Handelsbeziehungen mit den USA sind – das ist heute schon erwähnt wor­den – per se weder gut noch schlecht. Aber wir müssen aufpassen und darauf achtge­ben, wie sie gestaltet werden. Die Frage ist: Wessen Interessen spiegeln sie wider? Spiegeln sie nur die Wirtschafts- und Gewinninteressen von Firmen und Konzernen oder auch die Interessen von ArbeitnehmerInnen, von VerbraucherInnen und Interes­sen zum Schutz der Umwelt wider? Die Frage ist auch: Sind die Vorteile gerecht ver­teilt, oder geht es um Einzelinteressen zulasten von uns allen?

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch noch – das ist mir besonders wich­tig – auf Kunst und Kultur hinweisen. Wir wollen keinen amerikanischen Mainstream. Daher müssen Film, audiovisuelle Medien und Kunst insgesamt von TTIP ausgenom­men werden, um die Vielfalt unserer Kultur in Europa zu erhalten. Ich glaube, auch Kunst darf dem Spiel ökonomischer Kräfte nicht ausgesetzt werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Das ist ja fast ein nationalistischer Ansatz! Na­tionalistische Töne! – Abg. Strache: Patriotische Töne!)

11.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


11.32.57

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Zukunftsforscher Matthias Horx schreibt in seinem Buch „Zukunft wagen“:

Ängste zu schüren ist zu einem Geschäftsmodell der Medien geworden, weil sie wis­sen, dass wir aufgrund der Evolution auf Angst kalibriert sind und unser Angstsystem sich in der letzten Zeit nicht gewandelt hat. (Abg. Rädler: Der Herr Pirklhuber, der hat immer Angst!)

Wir suchen uns jetzt imaginäre Feinde: Der Säbelzahntiger von heute ist unter ande­rem das Handelsabkommen TTIP.

Ja, unsere Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert. Daher ist es umso wichtiger, ei­ne faktenbasierte, ernsthafte Diskussion zu führen (Abg. Schwentner: Ja, die hat es auch gegeben! Es gab auch einen Entschließungsantrag dazu!), denn immerhin ver­danken wir unsere Lebensqualität der 60-prozentigen Exportquote und immerhin sind die USA unsere drittwichtigste Exportdestination. Im Klartext: Wir sichern dadurch 85 000 Arbeitsplätze in Österreich. Auch gestern in der Akademie der Wissenschaften


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