Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 40

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Auch der Bundeskanzler hat sich zuletzt, nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“, diesbezüglich zu Wort gemeldet, sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgespro­chen und gemeint: „Ich sehe aktuell keinen Grund für die Wiedereinführung.“

Für uns ist klar: Terroristische und kriminelle Aktivitäten müssen nachdrücklich verfolgt werden – keine Frage –, sie dürfen aber nicht als Rechtfertigung dienen, das Recht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit und andere Grundrechte unverhältnismäßig, anlasslos und dauerhaft einzuschränken (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) – letzter Satz –, sonst verlieren wir am Ende das, was unsere freie, demokratische Gesellschaft im Kern ausmacht. Wir müssen die Privatsphäre verteidigen, mit totaler Überwachung landen wir auf einem Slippery Slope, der zu totalitären Phänomenen führen wird. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

10.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


10.06.13

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Aber, lieber Herr Vorredner, genau das hat die Frau Ministerin gesagt, als sie gemeint hat, es müsse eine Balance zwischen Freiheit und Sicherheit sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und das ist genau die entscheidende Richtlinie, und es geht genau darum, dass die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte hier eine wesentliche Be­rücksichtigung finden.

Frau Ministerin Mikl-Leitner hat auch gesagt, dass das natürlich durch mehrere Res­sorts gehen muss. Es müssen Bildung, Soziales und noch vieles mehr auch berück­sichtigt werden.

Aber ich glaube, dass wir in dieser ganzen Debatte auch den Hintergrund sehen müs­sen, der über die Sicherheitspolitik hinausgeht. Sicherheitspolitik hat oft eine Art Repa­raturfunktion, wenn es in der Gesellschaft einmal nicht funktioniert. Und da muss man sich die Frage stellen: Warum gibt es überhaupt den Islamischen Staat? Es geht nicht nur um die Frage: Warum finden Jugendliche es attraktiv, dorthin zu gehen und dort mitzukämpfen?, sondern auch darum: Warum gibt es ihn überhaupt?

Das sind Versäumnisse der Außenpolitik zum Beispiel. Man hat Gaddafi besiegt und getötet, aber die Frage, was dann kommt, hat keiner wirklich beantworten können. Man hat Saddam Hussein im Irak-Krieg bekämpft, besiegt, getötet – aber was ist dann? Und wenn man da kein Konzept hat und nicht weiß, wie man einen Weg in Richtung De­mokratie geht, und wenn man da auch kein Konzept für die wirtschaftliche Entwicklung hat, dann ist das schlecht.

Da spielt auch vieles an Fehlentwicklung in der Weltwirtschaft genauso eine Rolle wie in einzelnen nationalstaatlichen Räumen. Die Vorstädte von Paris oder anderen euro­päischen Staaten sind die Rekrutierungsfelder für die Kämpfer des Islamischen Staa­tes. Das hat einen sozialen Hintergrund, das hat einen wirtschaftlichen Hintergrund, das hat vielfach einen integrationspolitischen Hintergrund. All das muss man sehen. Das ist ein weit über die Grenzen der arabischen Welt hinaus reichendes Phänomen.

Und es gibt viele ungelöste Fragen. Vollkommen richtig, dass Barack Obama sagt, wir müssen Atomgespräche mit dem Iran führen, damit es, weil das eine regionale Macht ist, hier zu einer Lösung kommt, die eine friedenspolitische Perspektive hat. Mich be­ruhigt zwar auch nicht, dass Pakistan die Atombombe hat, aber es ist jedenfalls ein wesentlicher Schritt in diese Richtung.

Ich halte die Wahl Netanjahus zum israelischen Ministerpräsidenten – sie ist zu respek­tieren, es ist eine demokratische Wahl – für Israel und für den friedenspolitischen Pro-


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