Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 97

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mahne daher dringend ein, einmal die gesamte Gewerbeordnung drastisch zu ent­rümpeln.

Aber es gibt noch andere Beispiele: Warum darf eine Schülerin einer Modeschule nach ihrem Abschluss nicht Schneiderin werden? Warum hat sie – nach der aktuellen Regelung – mit dem Abschluss der Modeschule nach wie vor keinen Befähigungs­nachweis? Das ist ja völlig weltfremd!

Bei solchen Regelungen stellt sich auch die Frage: Darf jemand, der den Gewer­beschein für Modedesign hat, nur einen Prototypen herstellen, ein Gewandstück? Sollte man ein zweites entwerfen wollen, reicht dann der Gewerbeschein schon wieder nicht? – Dazu kann man nur sagen: ÖVP-Wirtschaftskammerstruktur, ÖVP-Gewer­beordnung, ein sich selbst bürokratisierender Apparat, der aus unserer Sicht zu hinterfragen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Heute ist die Zeit vielleicht zu kurz, um über das Thema Meisterprüfungen und Befähigungsnachweise zu sprechen. Aber ich hinterfrage schon Folgendes: Was lässt sich die Wirtschaftskammer einfallen, wenn sie im Rahmen der Gewerbeordnung bestimmt, welche Prüfungen oder welche Befähigungsnachweise notwendig sind, und gleichzeitig am WIFI diese Kurse anbietet? – Manchmal nehmen die gleichen Leute, die am WIFI unterrichten, auch die Prüfungen ab! Es handelt sich teilweise um Unvereinbarkeiten, Interessenkonflikte und Intransparenz.

Es gibt Beispiele, bei denen sich die Wirtschaftskammer in diesen Strukturen bereits selbst verheddert hat und das System nicht verstanden hat. Es ist uns heute ein Fall im Bereich Holzbau in Salzburg bekannt geworden, bei dem Prüfungen aberkannt wurden, weil sich die eigene Kammer in den eigenen Strukturen nicht mehr ausge­kannt hat.

Da besteht dringender Handlungsbedarf. Ich möchte Sie, geschätzte Bürokraten, ge­schätzte Bürokratinnen, bitten, in diesem Bereich – im Sinne der österreichischen Wirt­schaft, in Sinne der Unternehmerinnen und Unternehmer – endlich tätig zu werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Du fühlst dich nicht angesprochen bei Bürokraten. Gut, das nehme ich auch zur Kenntnis. Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.51

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte. (Abg. Lichtenecker: Jetzt kommt der Christoph! – Abg. Strolz: Zur tatsächlichen Belehrung!)

 


13.51.37

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! In diesem Haus herrscht immer besondere Aufregung, wenn es um Berufsberechtigungen und Zulassungen geht. Ich glaube, dass der Weg, den wir die letzten Jahre gegangen sind, mit einer Reihe von Liberalisierungen, die vorsichtig – unter Berücksichtigung, wie sich Regelungen auswirken – gemacht wur­den, richtig war.

Als ich in den achtziger Jahren die Gewerbeordnung für meine Staatsprüfung gelernt habe, gab es ein einziges freies Gewerbe, das war der Devotionalienhandel, also Mariazell. Mehr gab es nicht. Im Vergleich zu heute sieht man, dass sehr, sehr viel liberalisiert wurde. Die Frage ist, ob man nun ohne darüber nachzudenken vorgeht und einfach sagt: Aus, jeder kann machen, was er will!, oder unter Bedachtnahme auf die Folgewirkungen.

 


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