Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 59

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10.10.55

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sie werden nicht überrascht sein, dass ich als Arzt für strenge Schutzregelungen eintrete. Aber ich möchte Ihnen jetzt erklären, warum.

Ich hatte heute das Gefühl, dass all das so locker ist, dass man sich entscheidet oder auch nicht. – Fakt ist: In Österreich sterben 20 Prozent vorzeitig durch Rauchen, das sind immerhin 16 000 Menschen, und im Schnitt verlieren sie acht Jahre ihrer Lebenserwartung. Jetzt könnte man sagen: Das ist eh wurscht, denn jeder ist seines Glückes Schmied. Aber betrachten Sie das einmal aus der Sicht eines Arztes, also zum Beispiel aus meiner Sicht.

Nicht selten muss ich, so wie erst letzte Woche, Menschen im Vieraugengespräch mitteilen: Sehr geehrte Frau Soundso! Leider haben Sie Lungenkrebs. Leider! – Daraufhin brechen die Leute regelmäßig echt zusammen und sagen dann immer wie nach einem Muster: Warum gerade ich? Warum habe ich nicht früher aufgehört? – Das ist so eine Art Selbstanklage. Aber sehr, sehr häufig sagen die Leute auch: Warum habe ich überhaupt angefangen? Warum hat mich niemand abgehalten?

Wenn Sie bedenken, dass von 40 000 Krebsfällen in Österreich ein Drittel nachgewie­senermaßen nicht nur, aber hauptsächlich durch Rauchen ausgelöst wird, dann ist das eigentlich ein Auftrag an die Gesundheitspolitik, zu handeln. Im Hinblick darauf, dass Demenz, Gefäßverschlüsse, Herzinfarkt, Schlaganfall, Asthma durch Rauchen mit verschlechtert oder sogar ausgelöst werden, muss ich Ihnen sagen: Aus Sicht eines Arztes, der Verantwortung hat, ist es völlig klar, dass man Schutzregeln anstrebt, und darum war die Regelung 2008 ein erster wichtiger Schritt, das möchte ich nicht in Abrede stellen, mittlerweile wissen wir aber, wenn man sich international umblickt, dass weitere Schritte folgen müssen.

Den Wirten muss man sagen: Sie sind nicht schuld am Problem. Die Wirte stehen auch nicht allein für das Rauchproblem. Die Wirte stecken auch nicht Kindern die Zigarette in den Mund. Allerdings ist es eine Katastrophe, wie verantwortungslos in Österreich auch Eltern mit ihrer eigenen Verantwortung den Kindern gegenüber umgehen. Frau Abgeordnete Glawischnig hat es schon gesagt. Wenn Elfjährige im Schnitt zu rauchen anfangen, wenn wir die höchste Raucherrate gemeinsam mit Grönland haben und 13- oder 14-Jährige regelmäßig rauchen, dann stimmt etwas nicht.

Zu den Rauchverboten in der Gastronomie kann ich sagen. Es gibt ja schon ent­sprechende Erfahrungen in Europa. Was bringt ein Rauchverbot in der Gastronomie, außer dass die Wirte sagen, dass sie verärgert sind? – Es gibt Erfahrungen etwa aus Italien, aus Schottland et cetera, dass interessanterweise die Infarktrate um etwa 10 Prozent geringer geworden ist, und das ist schon wesentlich.

Schauen Sie: Wir können daher hier nicht nur bei der Frage betreffend Rauchen in den Lokalen stehenbleiben. International geht der Zug nämlich viel, viel weiter. Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass Jugendliche gar nicht anfangen. Deshalb erwarte ich mir schon einmal Präventionskampagnen! Wir müssen außerdem schauen, dass Rauchen in der Verursacherfrage überhaupt kostendeckend ist. Ich sehe nämlich überhaupt nicht ein, warum Nichtraucher Raucher subventionieren sollen. Wenn ich mir deutsche Studien, etwa des Deutschen Krebsforschungsinstituts, anschaue und feststelle, dass die Kosten auf Österreich umgerechnet etwa 3,3 Milliarden betragen, dann muss ich sagen, dass sich die Tabaksteuer mit 1,7 Milliarden eher bescheiden ausnimmt.

Und wenn Sie sagen, dass wir den unter 18-Jährigen das Rauchen verbieten sollen, dann sage ich: Es hätte natürlich schon einen Charme, wenn wir es überhaupt schaffen würden! 16-Jährige dürften heute nicht rauchen, aber wenn wir sehen, dass


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