Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 158

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Walter Rosenkranz – auf das von Abgeordnetem Strolz mitgebrachte Kunststoffgehirn deutend –: Ich hoffe, er hat nicht sein eigenes outgesourct!)

 


15.01.56

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek! Geschätzte Kolleginnen, Kollegen! Liebe Bürgerin­nen und Bürger an den Bildschirmen und auf der Galerie! Heute wird eine Dringliche Anfrage zum Thema Bildung behandelt; entlang des Bildungsnotstandes, den wir zweifach gegeben sehen und der immer beklemmendere Züge annimmt.

Es ist vor allem die fehlende Bildungsstrategie – die ich heute hier ins Zentrum der parlamentarischen Diskussion stellen will –: Wohin gehen wir mit dem Bildungs­system? Vor allem stellt uns auch das wachsende Budgetloch im Bereich des Bildungs­budgets vor offene Fragen – Fragen, auf die sich nicht nur die Abgeordneten des Nationalrats Antworten erwarten werden, sondern natürlich auch 125 000 Lehrerin­nen, Lehrer, viele Schülerinnen, Schüler, denn das Loch, das aufgeht, wird laufend größer, gleichermaßen auch die Unklarheit. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Warum Bildung und warum hat diese eine hohe Priorität für uns? Warum ist das ein Herzensanliegen für uns NEOS? Das hat etwas mit unserem Menschenbild zu tun, mit dem, wie wir die Welt sehen, wie wir den Menschen sehen. Wir sind in Österreich frei und gleich an Würde geboren. Das funktioniert in diesem Land, das ist aber auf diesem Planeten nicht selbstverständlich. Und dann – das ist unsere Überzeugung – geht es um die Entfaltung des Menschen.

Ein Kind braucht Wurzeln und Flügel. Das habe nicht ich erfunden, das habe ich von Goethe gestohlen. Für die Wurzeln sind die Familien ganz wesentlich. Hier ist es wichtig, dass sich die Politik um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kümmert. Für die Flügel wird das Bildungssystem einen ganz großen Beitrag leisten müssen, und der Beitrag, den es in Österreich leistet, ist nicht groß genug. Bildung ist für uns NEOS der zentrale Schlüssel für die Entfaltung des Menschen, Bildung ist der zentrale Schlüssel für die Selbstermächtigung des Menschen, für den aufrechten Gang, mit dem der Mensch durchs Leben geht. Die Bildung stärkt das Potential des Menschen, das eigene Leben in die Hand zu nehmen, das eigene Leben zu gestalten und das Leben anderer zu bereichern. Das ist Bildung!

Bildung ist für uns natürlich auch – denn wir sitzen nicht auf großen Ölquellen, wie wir alle wissen – der wichtigste Rohstoff. Talente und deren Veredelung durch Bildung, das ist der wichtigste Rohstoff in Österreich – das Gehirn, die Talente der Menschen in diesem Land. (Der Redner hält ein Kunststoffgehirn in die Höhe und legt es anschließend auf das Rednerpult.) Das ist ein Hirn für Anfänger. Ich will niemanden überfordern. (Abg. Lichtenecker – mit ironischer Heiterkeit –: Hirn für Anfänger!)

Frau Ministerin, wenn ich hier auf eine dringliche Aussprache dränge, dann möchte ich auf zwei Problemkreise schauen: Zum einen ist da der Notstand in der Bildungs­strategie. Wir alle wissen – ohne Zweifel –, dass sich die Welt sehr, sehr rasch ändert, dass wir uns in einer sich rasant wandelnden Welt befinden. Alle Teilsysteme der Gesellschaft ringen hier nach neuen Handlungsstrategien, wie man mit diesen rasan­ten Änderungen umgeht und welche Bewältigungsstrategien man dazu braucht. Natür­lich haben sich alle ihre Bewältigungsstrategien zurechtgelegt, ob das jetzt private Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen sind. Zu sehen, dass es der österreichi­schen Schule nicht und nicht gelingen will, ausreichend in die Bewältigung des gesellschaftlichen Wandels zu kommen, ist beklemmend.

Warum gelingt es nicht? – Weil das österreichische Schulsystem in alten Mustern gefangen ist. Und warum ist es in alten Mustern gefangen? Weil es in verkrusteten


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