Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 70

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Ich wünsche den folgenden Debattenrednern, dass diese meine Ausführungen zu einer angeregten Diskussion führen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS sowie der Abg. Moser.)

10.53


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer und Teilneh­merinnen an der Aktuellen Europastunde laut § 74b Abs. 2 in Verbindung mit § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte.

 


10.54.12

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Kollege Strolz, der Finanzminister hat schon in einer sehr sachlichen Form mehrere Dinge klargestellt. 1874, so weit will ich gar nicht zurückgehen; wir haben ja durch den sogenannten Pariser Club – nächstes Jahr feiern wir 60 Jahre – ein Verfahren ohne völkerrechtlichen Vertrag, wie man mit Staaten als souveräne Subjekte, die ihre Schulden nicht mehr begleichen können, umgeht. Wir haben flankierend den sogenannten Londoner Club, wo private Gläubiger solcher Staaten einem Regelungsverfahren zustimmen können.

All diese Verfahren funktionieren aber nur, wenn der Internationale Währungsfonds zuerst in einem Programm quasi festlegt, wie hoch die Schuldentragfähigkeit des Landes ist und wie das über die Jahre vernünftig bei einem Bail-in der Gläubiger abgewickelt werden kann. Das haben wir eigentlich, das Problem ist aber ein anderes: Staaten sind als Gesellschaften nicht abwickelbar wie Subjekte im Wirtschaftsleben.

Wenn Sie schreiben, Sie wollen ein Konkursrecht haben, wäre das eigentlich die schärfste Form, nämlich die endgültige Verwertung aller Assets, und in der Folge sozusagen werden die Gläubiger geschnitten und das verschwindet von der Landkarte. Das passiert im Unternehmensinsolvenzrecht leider zu oft (Zwischenruf des Abg. Strolz), und gerade dieses Haus hat sich in den Novellen der letzten Jahre bemüht, den Erhalt lebender Wirtschaftskörper trotz Insolvenz durch Verbesserung des Verfahrens zu gewährleisten.

Das Wesen des Konkurses ist aber, die Assets zu verwerten, den verbleibenden Erlös nach der Quote auf die Gläubiger zu verteilen – und dann verschwindet das Subjekt. Wie soll das bei Griechenland funktionieren, Herr Kollege Strolz? Staaten sind Gesell­schaften, deren größtes Asset die möglichen Steuereinnahmen sind. (Abg. Strolz: Ja!) Die Wahrheit ist, die Assets können Sie nicht wirklich verwerten – vielleicht einmal den Hafen in Piräus oder etwas anderes (Abg. Strolz: Genau!) –, aber die Straßen, die Schulen, selbst die öffentlichen Parkanlagen sind so wie beim Privatmann der Fernseher oder die Badewanne, die Sie nicht exekutieren können, etwas, das man zum Leben braucht.

Daher können Sie die Schuldentragfähigkeit nur nach den künftigen Erträgen machen – und genau das passiert bei diesem Verfahren.

Griechenland ist fast ein Beispiel dafür, warum es nicht gescheit ist, Ihren Weg zu gehen, denn in Wirklichkeit wurde mit Griechenlandpaket 1 und 2 – vor ESM – bereits eine Art Insolvenzverfahren in Europa durchgeführt. Dort sitzt der Masseverwalter, die sogenannte Troika – heute heißt es: die Institutionen –, dort ist seit fünf Jahren eine Art Sanierungsverwalter tätig, das Problem ist nur: Diese Performance macht nicht einmal unser schlechtester Konkursverwalter heute nach der österreichischen Insolvenzord­nung, denn er würde mit dem Richter einen ziemlichen Wickel bekommen, wenn er eine solche Performance an den Tag legt. Dort hat genau das versagt. Warum? – Weil


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