Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 71

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man versucht hat, es mikroökonomisch anzugehen, weil man nicht versucht hat, einen Staat zu mehr Ertragsmöglichkeiten zu bringen, sondern ihn abzuwürgen! (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Strolz und Stefan.)

Das ist das Kernproblem. Das heißt, wir haben in europäischer Solidarität zwar alle Schulden übernommen, Herr Kollege Strolz, aber wenn heute ein „Grexit“ stattfindet – vielleicht nicht einmal ein Ausstieg –, dann sind jene, die im Pariser Club sitzen, die Gläubiger. Wissen Sie, wer das ist? – Unsere europäischen Steuerzahler und Steuer­zahlerinnen. Daher: Wer heute bei Griechenland nach Bail-in schreit, schreit nach der Tasche unserer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! (Abg. Kogler: Sechs Jahre …!)

Daher muss mit der griechischen Regierung eine Lösung gefunden werden, um zu mehr Wachstum, um zu einer besseren Chance für Griechenland zu kommen, so viel Wachstum zu haben, dass die Schuldentragfähigkeit gegeben ist.

Daher: Nicht den Vergleich mit dem Insolvenzrecht ziehen, Herr Strolz, sondern ver­suchen, angepasst vorzugehen!

Ich glaube, dass da sehr vernünftige Positionen eingenommen werden, dass die Ecofin-Finanzminister sich bemühen, eine Lösung zustande zu bringen – das ist nicht leicht mit der griechischen Regierung. Umgekehrt hat die griechische Regierung natürlich auch ein Mandat eines Volkes, das sagt: Die Gelder, die ihr uns geborgt habt, waren für deutsche und französische Banken, wir können diesen Weg nicht mehr weitergehen! (Abg. Kogler: Ja eh!) Und dieses Signal war das Ergebnis der Wahlen zum griechischen Parlament. Das haben wir genauso zu respektieren wie andere die Zusammensetzung dieses Parlaments und dieser Regierung zu akzeptieren haben, und so viel Respekt vor der Demokratie werden wir alle aufbringen müssen, auch wenn wir Gläubiger sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen dürfen dort weiterleben. Dieser Grundsatz wird die Art, wie es gestaltet wird, bestimmen. Ich hoffe, dass es erfolgreich ist. Ich wünsche den Griechinnen und Griechen, dass wir wegkommen von der Debatte über Kürzungen von Pensions- und Sozialleistungen, hin zu mehr Wachstum und wieder mehr Lebenschancen. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Kogler und Strolz.) Das ist das, was ich erhoffe. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.59


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


10.59.36

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Strolz hat gesagt, Europa sei eine Schicksalsgemeinschaft und eine Chancengemeinschaft. – Das stimmt, aber die Europäische Union ist darüber hinaus auch eine Wertegemeinschaft, und zu unseren gemeinsamen Werten zählt natürlich auch die in der heutigen Europastunde gegenständliche Solidarität. In der Präambel des EU-Vertrages ist vom Wunsch der Mitgliedstaaten die Rede, die Soli­darität zwischen ihren Völkern unter Achtung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Tradition zu stärken. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Die Solidarität wird auch in zahlreichen Bestimmungen der EU-Verträge betont. So enthält zum Beispiel Artikel 222 Abs. 1 des AEUV die sogenannte Solidaritätsklausel, wonach die Union und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam im Geiste der Solidarität han­deln, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer von Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist.

 


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