Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 45

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10.28.08

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen! Geschätzte Herren! Ge­schätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Tribüne und vor den Fernsehapparaten! 1773 wurde die Dampfmaschine erfunden – und die Technik von damals, einfach Was­ser zu erwärmen und aus dem Dampf Strom zu erzeugen, hat sich bis heute in vielen Bereichen durchgesetzt, egal ob jetzt bei Kohlekraftwerken oder bei Atomkraft. Letzt­endlich ist ein AKW vom Grundprinzip auf dem Stand der Technik wie damals die Dampfmaschine, um Wasser zu erhitzen. Wir sind aber mit der Technik eigentlich schon viel weiter und können verbrennungslose Technologien fördern und forcieren.

Was passiert, wenn Grüne Regierungspartner werden, was passiert, wenn Grüne in Wahlen gestärkt werden? – Das hat man in Deutschland gesehen, dort wird der Atom­ausstieg wirklich vorangetrieben. Man hat in Deutschland auch Einblick in das Zahlen­werk, das in vielen anderen Bereichen unter Verschluss gehalten wird. Auch in Deutschland laufen gerade Diskussionen über den Atomausstieg, eine heftige Debatte, weil die sogenannten Rücklagen – in den Boulevardmedien wird immer von Rücklagen für den Atomausstieg gesprochen – so nicht vorhanden sind, sondern in den Atom­stromkonzernen einfach als Rückstellungen in der Bilanz stehen und das Geld derzeit nicht vorhanden ist. Das führt zu einer heftigen Diskussion über die Rückbaukosten, und das wird sich dann in allen anderen Ländern in Europa, wo wir ausgehen, dass wir den Atomausstieg längerfristig schaffen, auch noch in der Debatte fortsetzen.

In Bezug auf Deutschland haben wir die Zahlen, in Bezug auf Ungarn nicht. In Ungarn hat man das, was man in Österreich unter „geschwärzten Akten“ versteht, in weitge­henden Bereichen, auch bei dem neuen Projekt Paks, so umgesetzt, dass die Akten weitgehend unter Verschluss sind. Wenn dort mit russischem Geld zwei russische Pro­totypen Atomreaktoren gebaut werden, dann haben wir weitgehend keine Informa­tionen, weil die Transparenz in Ungarn nicht so fortgeschritten ist wie zum Beispiel in Deutschland.

Wir haben grundsätzlich bei den Atomkonzernen die Situation, dass sie von Intrans­parenz leben – egal, ob beim Uranbergbau, bei den Kalkulationen oder bei der Entsor­gung. Man sieht jetzt anhand der aktuellen Debatte um Hinkley Point, anhand der De­batte um EU-Beihilfenrecht, dass Atomkraft unwirtschaftlich ist. Mit dem Dreifachen vom Marktpreis müssen sie kalkulieren, um überhaupt noch etwas errichten zu können. Das heißt, wir begrüßen natürlich die Vorgangsweise, dass Österreich einstimmig da­gegen klagt.

Österreich hat eine höhere Glaubwürdigkeit als viele andere Länder, aber auch Öster­reich kann noch einige Hausaufgaben machen, zum Beispiel, was die geschwärzten Akten betrifft, wenn uns Herr Orbán diesbezüglich einmal anspricht; er hat nämlich auch die Akten geschwärzt. (Abg. Weninger: Bleiben wir bei der AKW-Debatte, das ist wichtig genug!) – Ja, ja, das ist wichtig genug, keine Frage.

Wir haben auf europäischer Ebene eine heftige Debatte darüber, ob aus dem Europäi­schen Fonds für strategische Investitionen auch in Zukunft Atomkraftprojekte gefördert werden. Moni Vana, unsere Europaabgeordnete, hat gestern darauf aufmerksam ge­macht. Dort tun sich nämlich gerade durch eine Kompromissformulierung drei Hinter­türen auf, und es gilt daher, das, was im Wirtschafts- und Budgetausschuss des Euro­paparlaments mit 69 zu 13 Stimmen abgelehnt wurde, nämlich die Atomstromförde­rung, auch auf dieser Ebene zu behandeln.

Wir haben neue Technologien, wir haben verbrennungslose Technologien, und ich glau­be, Österreich sollte seine Hausaufgaben im Bereich der Photovoltaik, im Bereich der dezentralen Stromversorgung, zumal für dezentralen Stromzugang nach wie vor Hür­den eingebaut werden, noch gründlicher machen. Wenn man sich nur einmal ansieht, welch kleine Barrieren zum Beispiel beim Netzzugang für kleine Photovoltaik-Anlagen


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