Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 324

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20.52.20

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Es gibt zwei Punkte, die relevant sind. Punkt 1 ist die Frage, ob die Staatsan­waltschaft ein Organ der Gerichtsbarkeit oder ein Teil der Verwaltung ist. Diese Frage haben wir eigentlich beantwortet, denn das Bundes-Verfassungsgesetz sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft ein Organ der Gerichtsbarkeit ist. Wenn wir jetzt einen Minister, der der Verwaltung zuzuordnen ist, haben, der einem Organ der Gerichtsbarkeit eine Weisung geben kann, dann ist das mit der Gewaltentrennung ein bisschen proble­matisch – Montesquieu würde sich wahrscheinlich im Grab umdrehen –, denn das ist so ähnlich, wie wenn der Minister eine Weisung an einen Parlamentarier geben könnte. Das ist mit der Gewaltentrennung nicht vereinbar.

Insofern ist das eine vollkommen falsche Lösung. Man könnte sich dafür entscheiden, dass die Staatsanwaltschaft ein Teil der Verwaltung ist. So ist es falsch, weil das der Gewaltenteilung schlichtweg nicht entspricht. Insofern befürworten wir den Antrag der Grünen, der ja auch mit in Verhandlung steht.

Der zweite Punkt, der relevant ist, ist, dass wir einerseits einen Bundesminister haben, der bei seinem Amtsantritt in einem Interview mit dem „Kurier“ gesagt hat – wort­wörtlich! –: „Ziel muss sein, das Weisungsrecht () abzuschaffen.“

Erstens haben Sie Ihr Ziel nicht erreicht, und ebenso spannend ist, dass es einen Justizsprecher der SPÖ gibt, der auch gegen dieses Weisungsrecht ist. Jetzt frage ich mich halt: Was funktioniert da nicht? Justizsprecher der SPÖ, Verfassungssprecher der SPÖ, Minister aufseiten der ÖVP – beide sind gegen das Weisungsrecht, so wie auch einige Oppositionsparteien –, aber es kommt trotzdem, es bleibt trotzdem. Irgendetwas stimmt da nicht, irgendetwas ist da komisch. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Moser: Das ist ja klar, die ÖVP will nicht!)

20.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


20.54.00

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich das aufgreife, was mein Vorredner gerade gesagt hat, könnte man glauben, wir haben das beeinflusst, weil wir uns tatsächlich immer dagegen ausgesprochen haben, dass es einen eigenen Bundesstaatsanwalt gibt, und immer der Meinung waren, es ist wichtig, dass der Minister die politische Verantwortung hat und letztendlich am Ende der Kette des Weisungsrechts steht. Deswegen unterstützen wir auch diesen Antrag, weil wir den­ken, das ist ein ganz guter Kompromiss, dass der Minister sich eines Beirates bedient, der ihn in der Entscheidungsfindung unterstützt, dass auch möglichst transpa­rent gemacht wird, wie er unterstützt, aber letztendlich die Entscheidung beim Minister bleibt, weil der eben hier im Parlament uns gegenüber politisch verantwortlich ist, wir hier die Möglichkeit haben, mit ihm zu sprechen, ihn allenfalls zu kritisieren. Das ist die beste Möglichkeit, um unsere Kontrollrechte auszuüben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bundesstaatsanwaltschaft wäre der falsche Weg, denn das wäre ein neuer Staat im Staate, wieder eine neue Institution. Wenn davon gesprochen wird, es bräuchte neue Beamte, die etwas vorbereiten – also schon allein von dieser Seite her ein negativer Effekt. Außerdem wäre das eine Verpolitisierung der besonderen Art, denn: Wer wird denn da bestellt? – Das ist auch immer eine politische Entscheidung, darüber brauchen wir nicht zu reden. Jeder, der weiß, wie Entscheidungen in Österreich getroffen werden, weiß auch, dass so ein Bundesstaatsanwalt nach irgendwelchen ge­rade zufällig vorhandenen Mehrheiten und vielleicht Kompromissen oder sonst etwas


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