Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll89. Sitzung / Seite 82

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Abschließend: Starten Sie hier einen Prozess, der viel breiter greift, als nur die Frage einer Asylquote und einer gemeinsamen europäischen Asylbehörde anzusprechen. Na­türlich brauchen wir das, aber wenn wir nicht in eine entschlossene Außenpolitik kom­men, wenn wir auch noch in drei oder fünf Jahren dastehen bei Krisenherden wie Sy­rien und sagen, na, vielleicht fällt der Türkei und den Amerikanern dazu etwas ein, wenn Europa als größte Wirtschaftsmacht auf diesem Planeten nicht in die Verant­wortung kommt – und das heißt, die entsprechenden Strukturen auszuprägen, das heißt auch, in der Sicherheits-, Außen- und Verteidigungspolitik zu gemeinsamen Strukturen zu kommen –, dann werden sie zu Millionen zu uns kommen, und zwar tot oder le­bendig: über den Stacheldrahtzaun der FPÖ drüber, unten durch, und sie werden tot in unseren Vorgärten liegen. Leichen werden aus Lkw tropfen, und wir werden hier ein Massensterben haben. (Abg. Tamandl: Könnten Sie ein bisschen auf die Rhetorik achten!) Wir werden ein Massensterben haben, und wir sollten diesen Dingen ins Auge schauen. (Abg. Fekter: Ihnen kann man nicht zuhören! – Abg. Tamandl: Das ist pietät­los, was Sie da von sich geben!)

Ich hatte diese Diskussion, was ist Pietät und was ist nicht Pietät. Pietätlos ist es, hier wegzuschauen. Der Preis des Wegschauens ist hoch. 25 000 Menschen sind seit dem Jahre 2000 in oder auf dem Weg nach Europa gestorben. Nirgendwo auf der Welt ster­ben so viele Menschen wie vor unserer Haustüre, also in Nicht-Kriegen. Sie sind im Frieden gestorben, aber sie sind nicht in Frieden gestorben. Und das ist unsere Ver­antwortung. (Beifall bei den NEOS.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


12.42.55

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ha­ben heute in den Erklärungen zu Beginn der Sitzung vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Vizekanzler sehr klare Worte und sehr deutliche Bekenntnisse gehört und vor dem Hintergrund der 71 Toten, die bei uns gefunden wurden, verstorbene Flücht­linge, ermordete Flüchtlinge, natürlich auch mit entsprechenden Emotionen und mensch­licher Bewegtheit.

Herr Kollege Strolz, alles andere wäre doch politisch und menschlich gefühlskalt gewe­sen, und ich denke, diese Grenze sollten auch Sie respektieren und das niemandem unterstellen. Der Herr Bundeskanzler hat mit Recht darauf verwiesen, dass wir ver­zweifelte Menschen, die ihr nacktes Leben retten wollen und so bis an unsere Grenze kommen, nicht mit Stacheldraht abschrecken werden, sondern dass es unsere Pflicht ist, uns darum zu kümmern, dass sie in anständigen Quartieren untergebracht werden, denn das Asylrecht ist ein Menschenrecht, das hat auch der Herr Vizekanzler sehr deut­lich betont.

Die Aufgabe, diese Quartiere entsprechend aufzutreiben und zu verteilen, ist keine leichte, aber – und auch darauf wurde verwiesen – eine Aufgabe, die wir schaffen kön­nen, die wir schaffen werden. Wir haben schon schwierigere Aufgaben geschafft.

Wir brauchen dazu selbstverständlich europäische Lösungen, aber die Lösungen, die wir von Europa erwarten, müssen und wollen wir auch im eigenen Land erreichen und umsetzen. Und da geht es natürlich darum, dass wir im eigenen Land verbindliche Quo­ten haben und dass das auch durchgesetzt und umgesetzt werden muss. Daher disku­tieren wir das entsprechende Gesetz, das heute vorliegt.

Wenn Sie immer wieder sagen – der Kollege Strolz hat das zum Beispiel vorhin ge­sagt –, dass wir nicht vorbereitet waren, so ist das nicht der ganze Teil der Geschichte. Als Wiener Abgeordnete bin ich stolz darauf, aus einer Stadt, aus einem Bundesland zu kommen, wo man sich seit Monaten vorbereitet hat und wo wir sagen können, wir


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