Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 101

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im Gesundheitswesen wesentlich effizienter zu werden und große Einsparungs­poten­ziale nützen zu können. Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


14.41.45

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich nun verbreiten über mein tägliches Leben, nämlich über das Thema Antibiotika. (Zwischenruf des Abg. Walser.) Da ich hier hörte, was denn da alles im Argen liege, möchte ich Sie ein bisschen in die Welt der Medizin beziehungsweise die des Hausarztes entführen.

Ich bezweifle diese amerikanische Studie aus Kalifornien, wonach dort 5 Prozent sterben. Ich glaube, das war eine nicht sehr gut gemachte Studie und hochgerechnet. Sie sagen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass ein Drittel der Verschreibungen falsch ist: Ich hätte gern die Studie, ich lese sehr viel – Frau Abgeordnete Schittenhelm ist Zeugin –, aber ich habe diese Literaturstelle nicht gefunden, die besagt, dass ein Drittel zu viel ist. Was aber aus meiner Sicht sehr wohl richtig ist, ist, dass 80 Prozent der Atemwegsinfekte 80 Prozent viral verursacht sind. (Abg. Pirklhuber: Das haben sie gemeint!)

Das tägliche Problem ist aber ein ganz ein anderes. Es kommen Leute, die drei, vier Tage krank sind – Patienten, die einen Tag krank sind, kommen gar nicht, die heilen das ja mit Hausmitteln aus –, und da müssen wir entscheiden: Gebe ich ihm etwas oder gebe ich ihm nichts? (Abg. Pirklhuber: Ja, ein Placebo!) Und wenn man manchmal nichts gibt: Riskiert man eine Lungenentzündung – ja oder nein? Das ist eine entscheidende Frage.

Ich habe schon einmal eine Patientin sterben sehen, die binnen einem Tag an einer normalen Grippe gestorben ist. Sie hatte auch nur einen Husten, nur einen Schnup­fen, hat sich nur schlecht gefühlt. Einen Tag später war sie tot – sie war beim Nach­barkollegen –, weil sie eine sehr aggressive Form hatte. Das heißt, der Mediziner hat es nicht so leicht wie manchmal der Spezialhygieniker, der praktisch Blutproben machen kann und dann sieben Tage später sagt: Das war der und der Keim, und eigentlich war es ein Virus.

Auch der berühmte CRP-Test ist nicht hundertprozentig genau. Ich habe ihn mir auf meine privaten Kosten gekauft, ich mache ihn regelmäßig, er ist ein gewisser Hinweis. Sogar niedrige Leukozyten sagen gar nichts: Ein älterer Mensch kann niedrige Leukozyten haben und trotzdem ziemlich krank sein. Das heißt, es ist alles nicht so einfach.

Und die internationalen Leitlinien sind auch relativ weit gefasst. Wir brauchen nicht noch eine Schulung zur Schulung zur Schulung, wir hören tagtäglich, was wir zu tun haben. Wir brauchen auch nicht noch eine Leitlinie. In Deutschland gibt es 1 258 Leit­linien, manche sind 100 Seiten lang, je nachdem, ob es die Uniklinik geschrieben hat oder eine andere Institution. Bitte, das bringt uns nicht weiter! In Wirklichkeit sind es, wenn Sie so wollen, ärztliches Gespür, ärztliche Erfahrung, die uns da weiterhelfen.

Insgesamt: Jedes Antibiotikum, das wir weniger brauchen, ist okay, ist schwer okay. Man muss das aber mit anderen Dingen gegenrechnen, wie zum Beispiel mit übersehenen schweren Infekten. Gerade im Spitalsbereich wäre es ganz wichtig – denn da wird ja das Antibiotikum nicht zum Spaß eingesetzt –, da wäre es ent­scheidend, dass es gar nicht erst zu einer Infektion kommt. Die allerwichtigste Maß-


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