Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 172

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Kultur und der Sprache der österreichischen Volksgruppen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


18.25.24

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Gebührensenkungen werden von Politikern gerne als Feierstunde abgehalten, in der man in einer großzügigen Geste den BürgerInnen etwas zurückgibt. Allerdings gibt es keinen Grund zum Feiern, was man sieht, wenn man sich die Rahmenbedingungen für die Gerichtsgebühren anschaut.

Bei dem Entlastungsvolumen, über das wir heute reden, reden wir von 0,5 Prozent der Gebühreneinnahmen. Als zweite Zahl sei erwähnt, dass in der Justiz ein Gebühren­überschuss von 189 Millionen € erwirtschaftet wird, und von diesem Gebühren­über­schuss werden jetzt sozusagen über die Gebührensenkung den Bürgerinnen und Bürgern gerade einmal 5 Millionen € zurückgegeben.

Die Gerichte haben sich in Österreich zu einem – unter Anführungszeichen – „gewinn­bringenden Unternehmen“ entwickelt. Der Eigendeckungsgrad der Gerichte liegt bei 124 Prozent. Das heißt, die Gerichte finanzieren sich nicht nur selbst, sondern sie werfen praktisch für die Justiz und die Republik Österreich noch einen Gewinn ab. Jetzt kann man sagen: Schön, dass es einen Gewinn gibt!, aber man darf eines nicht vergessen – ich glaube, mein Vorredner, Kollege Stefan, hat das schon gesagt –: Gebühren sind ein Äquivalent für eine Leistung und nicht dazu da, Steuereinnahmen versteckt zu sichern. Genau das passiert aber mit den Justizgebühren! Wir haben es erst erlebt. Vor gar nicht allzu langer Zeit hat der Finanzminister ganz offen 40 Millio­nen €, die über Gerichtsgebühren eingenommen worden sind, der Justiz entzogen und zur Bedeckung des Budgetdefizits verwendet. Das ist schlicht ein untragbarer Zustand, dass – unter Anführungszeichen – „auf Kosten der Rechtsschutzsuchenden“ versucht wird, das Budget zu sanieren. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Eines muss klar sein: Gebühren sind auch immer wieder eine Hürde für die Rechts­schutzsuchenden, und wenn man ein System aufbaut und sozusagen nicht nur die Justiz über diese Hürde finanziert, sondern dabei auch noch für das Gesamtbudget finanzielle Einnahmen abzweigt, dann steigt der Druck weiter, dass diese Gebühren hoch bleiben. Genau das ist das Problem! Weitere Maßnahmen im Bereich der Justiz, wie Investitionen im Strafvollzug, werden budgetär nicht durch Steuereinnahmen bedeckt, sondern sie werden wiederum durch Auflösung von Rücklagen bedeckt – und Auflösungen von Rücklagen kommen wieder von hohen Gerichtsgebühren. Wenn man aber Rücklagen auflöst, um zu investieren und das System auszubauen, dann ist klar, dass man diese Rücklagen, die man einmalig auflöst, auch wieder erwirtschaften muss. Das heißt: Bei dieser Politik bleiben die Gerichtsgebühren hoch, und das ist schlicht und einfach nicht akzeptabel.

Der Europarat hat eine Studie über die Gerichtsgebühren in Europa erhoben, und diese Studie bringt ein interessantes Ergebnis: Das 8-Millionen-Land Österreich hat in absoluten Zahlen hinter Deutschland die zweithöchsten Einnahmen aus Gerichts­gebühren. Das heißt, Österreich – ein relativ kleines Land – nimmt an Gerichtsge­bühren mehr ein als große Länder wie Spanien, Italien, aber auch wie die Niederlande, wie Großbritannien. Das zeigt, dass die Gebührenbelastung im Bereich der Justiz ein Maß erreicht hat, das den Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist.

 


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