Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 176

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steht und schönste Kirchen wie verloren irgendwo einsam herumstehen. – Ich glaube, wir haben eine Verantwortung gegenüber der Nachwelt. (Beifall bei der ÖVP.)

18.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


18.54.20

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich möchte zu einer Bürgerinitiative Stellung nehmen, die mir beson­ders am Herzen liegt, das ist die Bürgerinitiative zur Stärkung der Rechte von Unfall­geschädigten.

Wenn wir über Unfallgeschädigte reden, dann reden wir über Menschen, die vom Schick­sal hart getroffen worden sind – in der Regel sind es Autounfälle, es müssen aber nicht immer Autounfälle sein –, Menschen, die meistens schwer verletzt werden und dann ei­nen endlosen Kampf um Schadenersatz und Unfallrente führen müssen. Und das Pro­blem ist, es ist ein Kampf David gegen Goliath: nämlich auf der einen Seite ein Unfall­geschädigter, der einen harten Schicksalsschlag hinnehmen muss, in der Regel nicht fi­nanzstark ist, und auf der anderen Seite eine Versicherung, die finanzstark ist und die besten Anwältinnen und Anwälte beschäftigt, um den Schadenersatzanspruch abzuweh­ren.

Da tritt dann folgendes Problem auf: Es gibt eigentlich für die Betroffenen nur zwei Mög­lichkeiten, entweder sich schnell zu vergleichen – das ist natürlich das Ziel der Versiche­rung, da dieser Vergleich für die Versicherung meist relativ billig ist – oder in einen end­losen zähen Kampf vor Gericht zu treten, der kaum zu gewinnen ist und in der Regel damit endet, dass die Betroffenen irgendwann finanziell kollabieren.

Dieses Ungleichgewicht ist eigentlich untragbar und wird durch einen besonderen Miss­stand im österreichischen Recht verstärkt, den auch die Petition hier ins Visier genom­men hat, nämlich das Problem – und das erleben wir vor Gericht immer stärker –, dass Gutachten, medizinische Gutachten in diesem Fall, über den Ausgang des Verfahrens entscheiden. In der Regel spielen Beweisfragen eine untergeordnete Rolle in solchen Verfahren, Rechtsfragen spielen eine untergeordnete Rolle. In der Regel geht es da­rum, dass es mehrere medizinische Gutachter gibt, die schreiben ein Gutachten, und am Ende entscheidet der Richter/die Richterin auf Basis dieses Gutachtens. Und das spezifische Problem in Österreich ist, dass es keine funktionierende Qualitätskontrolle dieser Gutachten gibt und ein Großteil dieser Gutachten nicht Stand der Wissenschaft ist. Das ist deswegen ein Missstand, weil es dazu führt, dass die Betroffenen dann auf­grund dieses Missstandes keine Chance haben, zu ihrem Recht zu kommen.

Die Petition hat genau das ins Visier genommen, und das Justizministerium hat hier in einer Art und Weise reagiert, die völlig unverständlich ist, da dem Justizministerium klar sein müsste, dass diese Qualitätskontrolle nicht funktioniert. Das Justizministerium hat in seiner Stellungnahme an den Petitionsausschuss gemeint, für die Qualitätskontrolle seien in erster Linie die Parteien selbst und die Gerichte zuständig und in Folge dann der Präsident des Landesgerichtes. – So kann das nicht funktionieren! Richter können in der Regel nur sehr, sehr schwer einschätzen, ob diese Gutachten nach dem Stand der Wissenschaft erfolgt sind, denn dafür bräuchte es medizinisches Wissen. Die kön­nen vielleicht einmal prüfen, ob das schlüssig ist, ob alles begutachtet wurde, aber ob es dem wissenschaftlichen Stand entspricht, das kann ein Gericht ganz, ganz schwer beurteilen.

Die Parteien haben es noch einmal schwerer, denn was machen die Parteien, wenn man sagt: Moment, ich habe einen schweren Unfall gehabt, sitze seither im Rollstuhl!, aber angeblich ist das nicht unfallkausal? – Dann beauftragen sie einen Privatgutach-


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