Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 178

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fung auf Schlüssigkeit, auf Nachvollziehbarkeit, auf Vollständigkeit von Gutachten macht Sinn. Das gilt auch für Sanktionen, wenn Gutachten parteilich sind.

So wie die Weiterbildung der Gutachter selbst notwendig wäre, wäre auch in sehr vie­len Fällen eine Weiterbildung von Richtern und Richterinnen mehr als nötig. Man sollte danach trachten, auf den Stand der modernen Wissenschaft zu kommen und Richter und Richterinnen so weit möglich zu befähigen, wenigstens in ihren Spezialgebieten, sofern sie solche überhaupt entwickeln können, auf der Höhe der Wissenschaft zu sein, um so beurteilen zu können, ob Gutachten aussagekräftig und qualitativ okay sind oder eben nicht. Entsprechende Weiterbildungsangebote müsste es also geben.

Vor mir hat Kollege Steinhauser schon gesagt, dass Unfallopfer meist auf der schwä­cheren Seite sind. Und ich denke mir, wir sollten auch aufseiten der Schwächeren sein und uns im Justizausschuss, wo das die Grünen ja offenbar noch einbringen werden, wirklich eingehend mit dieser Frage beschäftigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


19.02.15

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Ich möchte auch noch einmal kurz auf die Bürgerinitiative betreffend Unfallopfer eingehen, weil wir uns schon klarmachen müssen, was – und der wesentliche Punkt sind Gutachten, was Kollege Steinhauser schon angesprochen hat, aber auch Kollegin Bayr – Gutachten bewirken. Gutachten beeinflussen sowohl im Zivilprozess, was Unfallopfer betrifft, als auch im Strafprozess, wenn es um den Maßnahmenvollzug geht, maßgeblich die Entscheidung des Richters.

Das Problem ist, dass Richter oft die entsprechende Sachkenntnis nicht haben und sich genau deswegen einen Gutachter holen, weil sie eben diese Sachkenntnis nicht haben. Der Richter/die Richterin kann also nur schwer überprüfen, ob ein Gutachten dem Stand der Wissenschaft entspricht. Genau deswegen fordert die Bürgerinitiative eine entspre­chende Evaluierung und eine Qualitätskontrolle und eine verbesserte Ausbildung, ins­besondere was Richterinnen und Richter betrifft, damit sie erkennen können, wenn Gut­achten grobe Mängel aufweisen.

Dass es Mängel gibt, weiß man. Offensichtlich gibt es vonseiten des Justizministeri­ums, aber auch von den Regierungsparteien kein großes Interesse daran, diese Män­gel zu beheben. Was sind die Mängel? – Es gibt Studien, zum Beispiel eine Studie der Universität Ulm, die besagt, dass in knapp 40 Prozent der Gutachten sogenannte Zir­kelschlüsse enthalten sind, dass sich Gutachter auf den „gesunden Menschenver­stand“ berufen, dass Gutachter rechtliche Wertungen abgeben, was absolut nicht so sein sollte, weil das nicht die Aufgabe des Gutachters oder der Gutachterin ist, sondern die des Richters/der Richterin.

Wir wissen, dass es Gutachter in Österreich gibt, die 365 Gutachten im Jahr produ­zieren. Mir kann niemand weismachen, dass so etwas qualitativ hochwertig sein kann, wenn man jeden Tag ein Gutachten macht. Wir wissen, dass die Vergütung für Gut­achten viel zu gering ist und dass das auch ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Gut­achten am Fließbank produziert werden. Wir wissen, dass die Qualität ganz massiv da­runter leidet. Wie vorhin schon gesagt: Das Gutachten an sich entscheidet, weil der Richterin/dem Richter die entsprechende Sachkenntnis fehlt, am Schluss auch über das Urteil.

Wenn wir wissen, dass es so gravierende Mängel bei den Gutachten gibt, dann müs­sen wir diesen Missstand unbedingt beheben, weil die Konsequenzen für die Betrof-


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