Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 189

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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


19.12.23

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wir beraten heute auch den Bericht des Rechnungshofes aus dem Jahr 2015, der sich mit der Beschaffung des neuen Truppenfunksystems CONRAD beschäftigt und auch mit den im Zusammenhang mit der Beschaffung vereinbarten Gegengeschäften. Das Verteidigungsministerium schloss im Jahr 2007 einen Kaufvertrag bestehend aus rund 5 000 Funkgeräten um 76 Millionen € ab. Im Zusammenhang mit der Beschaffung schloss das Wirtschafts­ministerium auch eine Gegengeschäftsvereinbarung über 55 Prozent österreichische Wertschöpfung der beschafften Leistung ab.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Rechnungshofbericht liest sich wie eine Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen, um es sehr wohlwollend auszu­drücken.

Eine erste grundlegende Kritik übte der Rechnungshof wegen des Fehlens eines Gesamtkonzeptes für die Funkgeräteausstattung im Bundesheer, weshalb auch die bestehende Vielfalt an unterschiedlichen Funkgerätesystemen im Bundesheer nicht ableitbar war. Das militärische Pflichtenheft – dieser Begriff findet sich im Bericht immer wieder –, dieses Pflichtenheft für die Beschaffung basiert auf Planungs­unterlagen, welche lediglich als Entwurf vorlagen. Aber gerade aus diesen Unterlagen war kein konkreter Bedarf an das System in der Beschaffung ausgeprägt ableitbar. Das heißt, es fehlte eine schlüssige Erklärung, warum genau dieses Funksystem beschafft werden musste. Trotzdem wurde die Beschaffung durchgeführt, und zwar mit einem Gebarungsvolumen von rund 86 Millionen €.

Auch im Vergabeverfahren hat der Rechnungshof Mängel geortet. Nach Ansicht des Rechnungshofes war die Wahl der freihändigen Vergabe im Wettbewerb auf die entsprechenden Rahmenbedingungen zurückzuführen. Kritisch wies er darauf hin, dass die internen Richtlinien des Verteidigungsministeriums, die die Anwendung einer veralteten Vergabenorm vorsahen, Widersprüche zu unionsrechtlichen Vergabeprinzi­pien aufwiesen. Daher empfahl der Rechnungshof, die Anwendung aller unionskonfor­men Vergabenormen anzuordnen.

Auch die Wiederaufnahme eines bereits ausgeschiedenen Bieters in das Vergabever­fahren kritisierte der Rechnungshof, denn damit verstieß das Verteidigungsministerium gegen grundlegende Vergabeprinzipien der Transparenz, Gleichbehandlung und Rechts­sicherheit der Bieter. Gemäß den Bestimmungen in der Angebotseinholung waren dem Verteidigungsministerium innerhalb von sechs Monaten nach Zuschlagserteilung detaillierte Berechnungen der Lebenszykluskosten vorzulegen, und das, obwohl das Ministerium zu diesem Zeitpunkt bereits an den Auftragnehmer gebunden war und die Lebenszykluskosten deutlich höher lagen als die Anschaffungskosten.

Alles in allem ist festzuhalten, dass das Verteidigungsministerium keinen Überblick über den Budgetaufwand für das Funkgerätesystem CONRAD hatte. Die Folgekosten für die Materialerhaltung beziehungsweise für systemrelevante Zusatzbeschaffungen waren nicht ausgewiesen beziehungsweise nicht vollständig erfasst. Nach Erhebungen des Rechnungshofes waren Ausgaben in Höhe von rund 1,3 Millionen € nicht berücksichtigt. Der unmittelbare finanzielle Aufwand stieg unter Hinzurechnung der nicht ausgewiesenen Zusatzbeschaffungskosten für das beschaffte System von 76 Millionen € auf zumindest 85 Millionen € oder um 13 Prozent an.

Abschließend, um auch etwas Positives zu erwähnen, ist zu sagen, dass die verein­barte Wertschöpfung von 55 Prozent durch österreichische Unternehmen nun laut Wirtschaftsministerium sichergestellt ist. Insgesamt hat der Rechnungshof bei dieser


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