Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 296

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richte. Auf der anderen Seite sind die Länder, sind die Bundesländer für den Grundver­kehr zuständig, daher haben wir in unserem Land neun verschiedene Grundverkehrs­gesetze. Um da eine Harmonisierung herbeizuführen, haben der Bund und die Länder vor mehr als 20 Jahren eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG geschlossen. Nun ist eine Besonderheit dazugekommen, nämlich neben den beiden Ebenen, die ich be­reits erwähnt habe, die europäische Ebene.

Seit 17. August 2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft, die uns, um es neudeutsch zu sagen, vor Herausforderungen stellt. Diese Herausforderung lautet, dass auch Gerichte und Behörden in EU-Staaten, außerhalb Österreichs, die Erbfolge anord­nen können, also bestimmen können, wer in Österreich ein Grundstück erbt.

Sie wissen, dass wir sehr strenge Grundbuchsvorschriften haben, dass man sehr ge­naue Anträge stellen muss, und wenn man das nicht wirklich ganz genau macht, wird man als Eigentümer nicht eingetragen. Daher ist es sozusagen schon eine Herausfor­derung, wenn jemand mit einem ausländischen Dokument kommt, vielleicht in einer an­deren Sprache, dass man genau erkennt, wie man das einträgt. Es gibt ja schon ein Übersetzungsproblem: Was ist eine Einlagezahl, was ist die Katastralgemeinde, was ist das Grundbuchsgericht? – Das muss ja alles drinnen stehen.

Es gibt viele Länder, die vielleicht nur eine Urkunde ausstellen, in welcher der Erbe ge­nannt ist, sodass diese Vereinbarung an und für sich nicht verbücherungsfähig wäre. Wenn die Verbücherung nicht erfolgt, kann es im Extremfall zur Versteigerung kommen. Nun sieht diese Vereinbarung einen Kurator vor, sprich, es soll ein Anwalt oder ein No­tar bestellt werden, der sich dann um diese Eintragung kümmert.

In der Praxis ist das sicher eine gute Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass auch die ent­sprechenden Urkunden ausgestellt werden und die Verbücherung erfolgt. Ob es wirk­lich – wie es vom Gesetzgeber intendiert war – billiger wird, wenn man das auf diese Weise macht, das weiß ich nicht. Es ist fast zu empfehlen, dass ein EU-Ausländer mit österreichischem Grundstücksbesitz, bevor er stirbt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich nimmt, damit das Verlassenschaftsverfahren in Österreich abgewickelt wird.

Jedenfalls ist diese Vereinbarung ein erster Schritt, denn nachher müssen ja die Grund­verkehrsgesetze angepasst werden, damit wir hier zu einer praktikablen Lösung kom­men, und daher ersuche ich Sie, dieser Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zuzu­stimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


22.14.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zur Artikel-15a-Vereinbarung, zum Verkehr mit Baugrundstücken etwas sage, möchte ich noch eine Überlegung zu den Entwicklungen am Immobiliensektor insgesamt voranschicken, der sich in letzter Zeit sehr dynamisch entwickelt hat. Ein Blick in den Immobilienmarktmonitor der Oesterreichischen Natio­nalbank zeigt auch, dass im letzten Jahr die Preisentwicklung sehr, sehr stark angezo­gen hat, sich also sehr deutlich beschleunigt hat. Wir hatten 2015 einen Durchschnitt von 5,1 Prozent.

Die Ursachen sind ein starkes Nachfrageplus durch wachsende Bevölkerung einerseits, andererseits durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, wodurch viel bil­liges Geld in Grund und Boden fließt. Wenn wir schauen, wer Eigentum an Grund und Boden, an Äckern erwirbt, so sind das nicht, wie wir annehmen könnten, überwiegend Bäuerinnen und Bauern, sondern sehr oft vermögende Kreise, vor allem aus akademisch gebildeten Zivilberufen. Das ist insgesamt eine unerfreuliche Entwicklung, weil aufgrund


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