Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 127

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

und für mich war das unsagbar ergreifend. Und da ist für mich das erste Mal auch die Verantwortung ganz klar geworden. Für all die Ausstellungsstücke dort, wie zum Beispiel für Schilder mit der Aufschrift „Hunde und Juden dürfen hier nicht hinein“, habe ich keine Übersetzungstafeln gebraucht. Das war meine Sprache – eine Sprache, die absolut menschenverachtend mit denen, die damals nicht nur unterdrückt, sondern gedemütigt und auch ermordet worden sind, umgegangen ist.

Der Umgang mit kollektiver Erfahrung und mit der Vergangenheit im Generellen ist komplex und ist schmerzhaft, aber er wird uns nicht erspart bleiben – gerade dann, wenn es schmerzhaft wird! Ich hoffe sehr, dass diese Gedanken und diese Verant­wortung sich auch im konkreten Denkmal in Maly Trostinec manifestieren werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lasar. – Bitte.

 


15.57.32

Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin an und für sich sehr froh, dass wir heute auch einmal über eines der dunkelsten Kapitel von Österreich sprechen können. Mein Vorredner hat ja schon gesagt, dass es eines der dunkelsten Kapitel war. Ich kann nur sagen: Endlich sprechen wir auch hier darüber. Endlich geht man auch daran, für die rund 10 000 von den Nazis in dem kleinen Ort Maly Trostinec ermordeten Menschen – dieser Ort war ja bis heute fast niemandem bekannt – ein würdiges Denkmal zu errichten.

Noch eine kleine Replik, die wir zum Teil schon gehört haben, aber ich möchte sie vielleicht um eine weitere Information ergänzen: Zwischen November 1941 und Oktober 1942 rief die sogenannte Zentralstelle für jüdische Auswanderung dazu auf, die Israelitische Kultusgemeinde zu benachrichtigen, die jüdischen Menschen aufzu­fordern, dass sie sich in einem Sammellager einzufinden haben. Von dort aus ging es zum Bahnhof Aspang, von wo aus dann die Züge in Richtung Maly Trostinec abgefahren sind. Unmittelbar nach der Ankunft in Maly Trostinec wurde diesen Men­schen ihr letztes Hab und Gut abgenommen. Dann wurden sie zu den Erschießungs­plätzen gebracht. Sie mussten sich vor Gruben aufstellen, wurden erschossen und in die Gruben geworfen.

In dem Waldstück von Maly Trostinec wurden von den insgesamt 65 000 von den Nazis ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden rund 10 000 ermordet.

Maly Trostinec, meine Damen und Herren, war – und das ist ganz wichtig – kein Kon­zentrationslager. Maly Trostinec war ein Vernichtungslager. Allein zum Zweck der Er­mor­dung von Juden ist das dort gemacht worden.

Von den aus Wien deportierten Jüdinnen und Juden überlebten rund 17. Aufgrund der Tatsache, dass es fast keine Überlebenden gibt, blieb der Ort natürlich auch sehr lange unbekannt.

Meine Damen und Herren, ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit: Es ist unsere Pflicht, vor allem die Pflicht des offiziellen Österreichs hier im Parlament, für unsere Wiener Jüdinnen und Juden, die in Maly Trostinec ermordet wurden, dort eine Gedenkstätte zu errichten. Ich glaube, das ist mehr denn je unsere Pflicht, denn eines muss man auch sagen: Leider hat es sehr, sehr lange gedauert. Man muss bedenken, dass heuer der 75. Jahrestag der ersten Deportationen ist; das wissen die wenigsten, vor 75 Jahren wurden die ersten Deportationen durchgeführt.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite