Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 132

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Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.17.15

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir erleben in den letzten Jahren die zunehmende Erosion unserer europäischen Sicherheitsarchitektur. Jüngstes Beispiel dafür – Sie haben das in den Zeitungen sicher gelesen – ist das von Russland in der letzten Woche ausge­setzte Abkommen zur Plutoniumvernichtung. Gemäß dem Abkommen wollten die USA und Russland eigentlich auf beiden Seiten 34 Tonnen waffenfähiges Plutonium vernichten und entschärfen. Mit dieser Menge kann man ungefähr 17 000 Atombom­ben bestücken. Auch die USA haben wegen der immensen Kosten, die das verursacht, den Vertrag zuletzt nicht mehr wirklich umgesetzt.

Derzeit ist unsere europäische Sicherheitsarchitektur weltweit einzigartig, entworfen in der Hochphase des Kalten Krieges – das hat mein Vorredner schon ausgeführt –, auch aus der Erkenntnis, dass keine Seite Frieden und Sicherheit für sich schaffen kann, ohne mit der anderen Seite zu kooperieren und auch Kompromisse zu schließen. Diese Sicherheitsarchitektur hat den Rüstungswettlauf beendet und den Ost-West-Konflikt großteils friedlich beigelegt. Noch heute profitieren wir von dieser Friedens­dividende.

Bereits in den neunziger Jahren haben wir uns aber nicht mehr wirklich um die Pflege dieser Architektur gekümmert. Russland war militärisch, wirtschaftlich, politisch ge­schwächt, der Westen zeigte damals kein wirkliches Interesse daran, russische Sicher­heits­interessen ernst zu nehmen, nachhaltig auszutarieren und auf Kompromisse einzugehen.

2001 kündigte Präsident Bush einseitig den ABM-Vertrag auf, der Raketenab­wehr­systeme weitgehend verbot. Auch der KSE-Vertrag, der für eine stärkere Abrüstung und mehr Transparenz bei den konventionellen Streitkräften sorgen sollte, wurde nie an die neuen Kräfteverhältnisse nach Auflösung von Sowjetunion und Warschauer Pakt angepasst. Die neuen baltischen NATO-Länder sind dem Vertrag nach ihrer Unabhängigkeit gar nicht erst beigetreten. Mittlerweile wenden weder Russland auf der einen noch die NATO-Länder auf der anderen Seite, auch nicht Georgien, die Ukraine und Moldau, den Vertrag an.

Die Folgen sind wie erwartet langsamer Vertrauensverlust, schwindende Koope­rationen, schwindende Kompromissbereitschaft und eben auch eine zunehmende Schwächung und Auflösung der alten Sicherheitsordnung.

Wollen wir einen neuen Rüstungswettlauf in Europa verhindern und auch Lösungen für die Ukraine und Syrien finden, dann werden Sanktionen, NATO-Manöver und auch das Minsker Abkommen allein nicht reichen. Wir werden wieder zu einem umfassenden, neuen und ehrlichen Sicherheitsdialog, auch mit Russland, kommen müssen.

Der deutsche Außenminister und derzeitige Vorsitzende der OSZE hat im August ange­kündigt, genau aus diesem Grund einen Dialog über den Neustart der konven­tionellen Rüstungskontrolle beginnen zu wollen. Das wird nicht einfach werden und auch nicht gleich Erfolge bringen, aber angesichts der aktuellen Entwicklungen wäre es verantwortungslos, das nicht wenigstens zu versuchen.

Ich denke, Österreich sollte diese Initiative bestmöglich unterstützen und während des eigenen OSZE-Vorsitzes nächstes Jahr, also 2017, weiterführen. Ich ersuche Sie daher, diesen Antrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21

 


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