Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll154. Sitzung / Seite 140

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Wenn ich dann höre, dass circa 80 Nationalitäten oder mehr in unseren Justizvollzugs­anstalten einsitzen, dann gibt mir das zu denken. Wenn ich höre – und ich rede von der Exekutive aus auch mit Justizwachebeamten –, dass für viele, die dort einsitzen, die Bedingungen in Österreich in den Justizvollzugsanstalten, in den Gefängnissen einen Luxus darstellen gegenüber der Heimat, gegenüber dem, wie sie zu Hause hausen, dann muss ich sagen: Wir müssen auch einmal überlegen, ob das überhaupt noch abschreckend und eine wirkliche Strafe ist.

Meine Damen und Herren! Ein Thema, das mich auch immer wieder bewegt, ist die Familiengerichtsbarkeit. Ich glaube, dass in diesem Bereich Reformen dringend not­wendig sind. Wir haben hier viele Regeln, die schon sehr, sehr veraltet sind und sich auf alte Richtlinien berufen. Herr Minister, Sie haben ja selbst einmal gesagt – und das gibt mir auch ein bisschen zu denken –, als wir über das Thema gesprochen haben – ich hoffe, ich darf hier zitieren, was Sie gesagt haben –, die Familiengerichtsbarkeit will von den Richtern eigentlich niemand machen, und deswegen kommen da immer die Jungen zum Zug, die vielleicht nur wenig Lebenserfahrung oder noch zu wenig Lebenserfahrung haben.

Auch das gibt mir zu denken. Man sollte vielleicht einmal darauf schauen und die Familiengerichtsbarkeit, zumindest einen Teil davon, mit erfahrenen Richtern besetzen, um vielleicht ein Mehr an Leben oder an Realität in diese Gerichtsbarkeit zu bringen. Ich glaube, wir könnten einige Probleme, die wir in diesem Bereich haben, und Folge-probleme dadurch verhindern.

Noch ein Thema, das mich bewegt, Herr Minister: Geschworenenprozesse. Wir haben ja den Fall in Graz gehabt und jetzt vor Kurzem wieder einen Fall, in dem der Richter das Acht-zu-null-Urteil komplett aufgehoben hat. Ich glaube, in der Geschworenen­gerichtsbarkeit ist auch Reformbedarf gegeben. Ich finde es gut, dass wir Laienrichter haben, dass die Geschworenenprozesse auch stattfinden, aber ich glaube, eine ent­sprechende professionelle Begleitung wäre kein Nachteil. Also bei mir rennen Sie bei einer Reform in diese Richtung offene Türen ein.

Wir hatten vor Kurzem im Straflandesgericht eine Diskussion – Kollege Jarolim war auch dabei –, wo meiner Meinung nach sehr gewichtige Argumente dafür gekommen sind, dass man die Geschworenengerichtsbarkeit überdenken sollte, beziehungsweise auch Ansätze, wie man sie reformieren könnte, um da wieder eine gute Qualität zu erreichen. Was mir am meisten zu denken gegeben hat, war der Punkt, dass ein Rechtsanwalt, der dort auch anwesend war – ein sehr bekannter Rechtsanwalt –, gesagt hat: Das Problem ist, dass viele Geschworene sich entschuldigen lassen, die in einer gewissen höheren Position sind, die dementsprechend beruflich engagiert sind, und dann immer wieder Ersatzgeschworene kommen, die halt teilweise – unter Anführungszeichen – „nichts anderes zu tun haben“. Er hat auch über die Qualität der Geschworenen gesprochen, was mir ein wenig zu denken gibt. Daher meine ich, man sollte überlegen, wie die Volksgerichtsbarkeit, die Laiengerichtsbarkeit so gestaltet werden kann, dass sich möglichst alle Gesellschaftsschichten darin wiederfinden. Das ist ein wichtiger Punkt, auf den ich Sie heute aufmerksam machen wollte. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort. – Bitte.

 


15.40.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorgelegte Entwurf für den Bereich Justiz ist vor allem ein Bekenntnis zu einem modernen leistungsfähigen Rechtsstaat und seinen


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