Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 69

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11.15.11

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ein bisschen untergegangen ist in dieser Diskussion aus unserer Sicht bislang ein ganz zentraler Punkt: die Novelle des Bundesstraßengesetzes. Im Kern geht es um die Wirt­schaftlichkeit von Baumaßnahmen bei Autobahnen, bei Schnellstraßen, und das soll statt wie bisher im sogenannten Trassenfestlegungsverfahren künftig einerseits intern von der ASFINAG selbst geprüft werden, nämlich die betriebswirtschaftliche Kompo­nente, und andererseits von Ihrem Ministerium, Herr Minister, die volkswirtschaftliche Kom­ponente.

Das Ziel ist, dass es eine Verfahrensbeschleunigung geben soll. Das würden wir durch­aus unterstützen. Weniger positiv ist, dass aus unserer Sicht ganz gravierende Mängel vorhanden sind, nämlich was die Beteiligungsrechte anlangt, was die Rechte von Betrof­fenen von solchen Verfahren anlangt. Kollege Georg Willi hat Ihnen schon vor einem halben Jahr eine Expertise dazu verfasst: zehn Seiten, die im Detail darlegen, warum wir diese Novelle für sehr problematisch halten. Leider findet sich im Gesetz von diesen Einwänden ebenso wenig wie von anderen Einwänden, die gekommen sind, beispiels­weise auch vom Rechnungshof, der schlicht und einfach feststellt, dass große Teile die­ser Novelle verfassungswidrig sind.

Um einige Beispiele zu nennen – und da, glaube ich, reicht es, wenn man den gesun­den Menschenverstand zum Maßstab nimmt –: Dass der Eigentümer gleichzeitig Ge­nehmigungsbehörde ist, kann ja wohl nicht sein. Sie wissen selbst, dass Teile, etwa die Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung, bereits vor dem Verfassungsge­richtshof liegen. Hier beschließen wir ein Gesetz, das diesbezüglich ebenfalls sicher vor dem Verfassungsgerichtshof landen wird. Wir verstehen es nicht, meine Damen und Her­ren, wie man so einem Gesetz zustimmen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind einige weitere problematische Punkte drinnen, etwa das sogenannte – schon das Wort ist verdächtig – Entlastungsprivileg in der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es gibt dann besondere Immissionsschutzvorschriften. Es gibt ein sogenanntes garantier­tes Fortbetriebsrecht, also auch bei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes bei­spielsweise kann das weitergeführt werden. Das alles ist sehr, sehr problematisch.

Lassen Sie mich aus Vorarlberger Sicht noch einen Aspekt hinzufügen, denn Sie schaf­fen es, mit diesem Gesetz sozusagen eine Brücke zu einem äußerst umstrittenen Pro­jekt zu schlagen, nämlich der sogenannten S 18, der Bodensee Schnellstraße. Da wol­len Sie den Bau erleichtern. Ich sage es Ihnen schon so deutlich, wie es, glaube ich, gesagt werden muss: Das ist eine Umgehung aller Vorschriften, die wir bisher in die­sem Zusammenhang diskutiert haben.

Das Projekt ist uralt. Wir diskutieren seit fast 40 Jahren darüber. Wir haben mit der S 18 eine Trasse, die, glaube ich, 1996 vorgestellt worden ist und seither weiter disku­tiert wird. Und dieses Projekt, meine Damen und Herren, ist nicht, wie vorgegeben wird, schon in der Zielkurve, weil es da noch ganz, ganz große Probleme gibt. Die zwei vor­gelegten Trassen – beide – ziehen durch ein Sumpfgebiet. Die Kosten, die prognosti­ziert werden, belaufen sich auf bis zu eine Milliarde Euro. Ich weiß, Sie haben geringe­re Schätzungen, aber diese haben Sie in den letzten Jahren ständig nach oben korri­gieren müssen.

All das kann von unserer Seite nicht akzeptiert werden, Herr Minister. Es ist ein Appell an die Vernunft, den wir hier vorbringen müssen. Anstatt Missstände in zeitgerechter Form zu beseitigen, für mehr Transparenz zu sorgen, grundrechtskonforme Maßnah­men zu setzen und Zustände herzustellen, haben wir hier ein Gesetz, das – und das sa­ge ich Ihnen in aller Deutlichkeit – verfassungswidrig ist. Wir können daher nicht nach­vollziehen, wie die Kolleginnen und Kollegen diesem Bundesstraßengesetz zustimmen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.20

 


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