Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 268

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burger Vorstadt Nr. 15 vor. Nach Leistung einer entsprechenden Entschädigungssum­me wird dieses Haus der Republik Österreich gehören. Diese verpflichtet sich ausdrück­lich, in der weiteren Nutzung die Pflege, Förderung und Verbreitung nationalsozialisti­schen Gedankengutes zu unterbinden und die Liegenschaft nicht zu veräußern.

Herr Kollege Franz, hier ist, glaube ich, der Irrtum in deinem Redebeitrag gewesen. Es geht nicht um einen Abriss des Hauses, und es wird keinen Bulldozer geben, der ent­sprechende Lösungen für die Zukunft verhindert. Es sind vielmehr die Stadtgemeinde Braunau und auch das Land Oberösterreich gefordert, sich Gedanken über die zukünf­tige Nutzung und etwaige Gestaltung des Hauses zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass es gemeinsam mit der Expertenkommission gelingen wird, zukunftstaugliche Lö­sungen dafür zu finden.

Unser Auftrag hier und heute ist aber, der gesetzlichen Vorgabe zu entsprechen, jede nationalsozialistische Wiederbetätigung dauerhaft zu unterbinden. Das hat jeder von uns hier bei seiner Angelobung im Parlament auch zugesagt. Gerne zitiere ich jene Wor­te, die uns beim Hereingehen in dieses Haus daran erinnern sollen, in wessen Geiste wir hier handeln sollten: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ – Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Daher noch einmal: Wir brauchen keine Pilgerstätte, die Gewalt, Mord, Ausgrenzung und Hetze verherrlicht. Setzen wir alle heute gemeinsam ein Zeichen dagegen und ge­ben wir den Menschen in Braunau eine neue Chance, diese Liegenschaft in Zukunft im Sinne der Mitmenschlichkeit nutzen zu können! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Buch­mayr. – Bitte.

 


22.11.15

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin Braunauer, es wird das in Verhandlung ste­hende Thema seit Jahrzehnten immer wieder auf Tapet gebracht. Die ganze Thematik erzeugt immer wieder sehr großen Missmut, weil sich die Braunauerinnen und Brau­nauer sehr wohl der Verantwortung bewusst sind, die man mit dem Haus hat. Adolf Hit­ler wurde dort geboren, das kann man natürlich nicht wegleugnen, aber Braunau selbst hatte in den Dreißigerjahren mit dem Nationalsozialismus wenig zu tun. In den Dreißi­gerjahren, als die letzten Wahlen stattfanden, hat die NSDAP zum Beispiel 7 Prozent er­reicht, als in anderen Städten schon 30 bis 40 Prozent NSDAP wählten.

Nichtsdestotrotz gibt es diese Verantwortung, allerdings wirken sich drei wesentliche Punkte negativ auf Braunau aus. Einerseits ist Braunau der Geburtsort Adolf Hitlers und darauf beruht die Verantwortung, mit dem Haus angemessen umzugehen. Der zweite Punkt leitet sich vom Namen ab: Braunau kommt eigentlich von brauner Au, aber das „Braun“ im Stadtnamen wird immer wieder mit den Braunhemden und mit dem Natio­nalsozialismus assoziiert. Der dritte Punkt ist die laufende Berichterstattung. Alle paar Monate oder mehrmals pro Jahr gibt es Vorfälle.

Ich kann mich noch erinnern – das ist noch gar nicht so lange her –, als am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, Braunau regelmäßig hermetisch abgeriegelt wurde, weil sehr viele Menschen nach Braunau fahren wollten, um dort eine Gedenkkundgebung abzuhalten. Es sind sogar Busse aufgehalten worden, und sehr viele Menschen wur­den davon abgehalten, nach Braunau zu fahren. Das hat sich durch die polizeilichen Maßnahmen inzwischen gebessert, aber es fragen doch mehrmals pro Woche immer wieder Leute in Braunau nach dem Geburtshaus Hitlers und lassen sich mehr oder min­der verstohlen mit dem Hitlergruß vor dem Haus fotografieren. Das ist keine Seltenheit.

 


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