Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll158. Sitzung / Seite 42

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Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Ing. Schultes. – Bitte.

 


10.07.06

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass diese Diskussion im Fernsehen viele sehen, damit sie bemerken, in welche Richtung unser „durchsozialistisiertes“ Österreich geht. Das ist wirklich entrisch, denn ganz offensichtlich versuchen Sie, Menschen einzuteilen in solche, die gerade noch leben können, und andere, die durch eigene Möglichkeiten bessere Einkommen erzie­len. Das ist unglaublich, und es tut wirklich weh, denn genau Sie alle gehören dazu, und Sie grenzen sich im Augenblick von den Menschen in Österreich ab – eigenartig! (Abg. Rädler: „Der Schatz im Silbersee“!)

Meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft hat eine schwierige Periode hinter sich – hoffentlich! –: vier Jahre mit ständigen Einkommensverlusten, von Minus zu Minus zu Minus zu Minus; es gibt Regionen, die heute halb so viel Einkommen haben wie vor vier Jahren, und keiner von Ihnen würde das vertragen.

Die Agrarpolitik hat leider nicht mehr die Möglichkeiten, Preise zu machen und Märkte zu bestimmen, aber Österreich braucht seine Bäuerinnen und Bauern (Abg. Steinbichler: … Agrarpolitik!), und unser Anliegen war, dass dieser Staat, diese Republik zeigt: Ihr dürft euch helfen! Wir haben die Bauernsozialversicherung, und jedes Jahr steigt trotz sinkender Einkommen der Aufwand für die Sozialversicherung; die Beiträge steigen, weil die Einheitswerte nicht an das jährliche Einkommen ge­bunden sind. Das war für die Bauern eine Belastung, die extrem schwer war, und es war klar, dass wir in einer Zeit, in der die Sozialversicherung Rücklagen hat und Rück­lagen aufbaut, von den Bauern, die gar nichts mehr haben, weil das Jahr so schlecht war, nicht noch einmal mehr Geld verlangen können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Loacker.)

Das ist unerträglich, und deshalb haben wir gesagt, es muss ein Zeichen der Republik geben, dass sie die schwierige Situation der Bauern versteht; und wenn kein anderes Instrument zur Verfügung steht, dann sollen wir den Bauern wenigstens erlauben, dass sie in ihre Sozialversicherung eine Rate nicht einzuzahlen brauchen. (Ruf: 80 Prozent Steuergeld!) Das war bis zu den letzten Tagen der Plan der Regierung, dann wurde das plötzlich geändert, und die Änderung, die auf den Tisch kam, hätte bedeutet, dass genau die, die das Volumen der Märkte bedienen und die 800 Millionen € Einkommensverlust im letzten Jahr zum größten Teil zu tragen hatten, ausgeschlossen gewesen wären.

85 Prozent der Marktfruchtleistung wird von jenen 20 Prozent der Landwirte erbracht, die Sie ausgeschlossen hätten. 40 Prozent der Milch kommt von den Landwirten, die Sie ausgeschlossen hätten, und 70 Prozent der Veredelungswirtschaft, des Fleisches kommt von den Landwirten, die Sie ausgeschlossen hätten.

Wir haben gesagt, das müssen wir überdenken, und ich habe in vielen Bauern­versammlungen die Frage gestellt: Ist das in Ordnung? Ich war in Rabenstein an der Pielach, einer Bergbauernregion, und ich habe gefragt, wie viele unter 13 500 € sind und wie viele darüber. Das Verhältnis war im Saal ungefähr Hälfte/Hälfte, denn Sie müssen wissen, die Grenze, die 80 Prozent betrifft, wird einer Grenze gleichgestellt, wo das Einkommen eines Landwirts so geringfügig eingeschätzt wird, dass er, wenn er den Arbeitsplatz neben der Landwirtschaft verliert, noch Arbeitslosengeld bekommen kann. Das ist wirklich eine Grenze, wo man fragen muss: Nehmen Sie die Land­wirtschaft ernst?

 


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