Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll160. Sitzung / Seite 202

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gewesen wäre, nämlich diese Anklage einfach zuzulassen – dann stünde ich jetzt nicht hier; vielleicht hätten wir dann etwas später die Diskussion darüber, warum es wieder zu einem Freispruch kam –, oder jener Entscheidung, einfach zu sagen: Ich halte mich strikt an das Gesetz. Dazu habe ich Ihnen vorhin schon gesagt – und dazu stehe ich –: Da ist es wichtig, sich einfach an das Gesetz zu halten, und das habe ich getan.

Ich hätte es auch vor mir nicht verantworten können, einfach § 210 StPO als notwen­dige rechtsstaatliche Voraussetzung für eine Anklageerhebung zu ignorieren. Das kann ich nicht, das würde ich auch nicht tun. Sie können davon ausgehen: Ich halte mich wirklich strikt an das Gesetz. Sollten die Gesetze vielleicht irgendwo Unzukömm­lichkeiten haben, dann bin ich der Erste, der so etwas aufgreifen würde.

Ich habe deshalb auch schon angekündigt: Ich möchte, dass wir zur Gesamtthematik einmal eine rechtsvergleichende Expertise von außen, vom Max-Planck-Institut in Freiburg bekommen, die uns einmal sagt, wie wir auch im Vergleich mit unseren Regelungen liegen. Vielleicht müssen wir das eine oder andere ändern, vielleicht liegt auch in § 210 StPO das Problem, aber eines weiß ich jetzt schon  ohne das genau begründen zu können –: Das Gesetz verlangt für die Zulässigkeit einer Anklage eine Prognose über eine Verurteilungswahrscheinlichkeit. Da haben wir auf jeden Fall ein strukturelles Problem: Wie prognostizieren Sie die Urteilsmöglichkeiten eines Ge­schwo­renengerichts? Ich wüsste es nicht. Das ist wahnsinnig schwierig, weil das Geschworenengericht einfach von seiner Struktur her – auch infolge der fehlenden Begründungsnotwendigkeit – so gestaltet ist, dass jede Prognose da extrem schwierig ist.

Ich glaube, dass wir da auch ein strukturelles Problem haben. Daher auch mein Vor­schlag, den ich auch schon früher geäußert habe: Versuchen wir doch, in diesem Bereich eine Verbesserung zu erreichen – nach welchem Modell auch immer. Ich weiß, es gibt dazu einige Vorschläge; auch vom Kollegen Jarolim gibt es einen Vorschlag, der dazu führen könnte, dass wir da zu einer Verbesserung gelangen. Solange es aber so ist – und so ist es einfach –, dass die Strafprozessordnung eine Prognose über eine naheliegende Verurteilung vorsieht und wir in all diesen Verfahren Geschworenen­gerichte haben, so lange haben wir in Wirklichkeit ein strukturelles Problem.

Wir haben auch nichts davon, wenn dann letztlich bei den Geschworenengerichten Freisprüche erfolgen, die uns mangels Begründung wirklich nicht zufriedenstellen können; mich genauso wenig wie Sie, da haben Sie völlig recht. Nur: Auf dem Weg dorthin liegt der § 210 StPO, den muss man einhalten. Das ist meiner Meinung nach selbstverständlich und auch ein ganz wesentlicher Grund dafür, dem Weisungsrat und seinem einhelligen Votum zu folgen. Das war in diesem Fall selbstverständlich nicht angenehm, aber es war notwendig, andernfalls hätte ich, aus meiner Sicht, den § 210 StPO verletzen müssen. Dazu war ich nicht bereit, dazu bin ich nicht bereit und dazu würde ich auch in Zukunft nicht bereit sein. Das ist der Punkt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

15.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


15.28.52

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Das ist sicher nicht der klassische Fall einer Besprechung einer Anfragebeantwortung, weil die Antwort in einer doch sehr umfassenden Art und Weise erfolgt ist. Es ist aber ein Thema, das insgesamt interessiert, und daher ist es auch gut, dass wir uns damit – die unterschiedlichsten Situationen betreffend – ausei-


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