Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 71

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des Rechts Mitte Mai dem Thema Situation in der Türkei unter rechtstaatlichen Ge­sichtspunkten gewidmet. All das könnte es ohne das engagierte Eintreten von Ange­hörigen der Justiz, auf die ich wirklich stolz bin, nicht geben.

Solange es so ist, glaube ich, kann man beruhigt sein, was die Qualität und Unab­hängigkeit der Justiz betrifft. Die Beschäftigung mit der Erinnerungskultur, eine best­mögliche und auch historische Ausbildung, ist, glaube ich, ein wichtiger Beitrag dazu, dass es so bleibt. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

12.10


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.10.58

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat gefragt, warum SPÖ und ÖVP mitstimmen. – Sie haben das selbst begründet. Ich denke, es ist ein Grundkonsens zwischen SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen, dass die Verbrecher jene waren, die in den KZs Menschen in die Gaskammern geschickt haben, die das befohlen haben, und nicht jene, die befreit wurden – und das ist sehr gut für diese Republik. Das ist ein wichtiger demokratischer Grundkonsens, dieser Antrag trägt diesen Geist.

Wenn man sagt, dass das Lehren von historisch unbestrittenen Tatsachen ein Um­erziehen ist, dann sagt man implizit, es sei anders gewesen, dann gibt man implizit dem Geist des Artikels recht und sagt: Da wird eine Umerziehung entgegen histori­schen Tatsachen vorgenommen. – Das ist nicht der Fall, es gibt diesen Grundkonsens, der absolut unbestritten ist.

Wenn man das dann mit der scheinbaren Sorge um die Unabhängigkeit der Rechts­prechung tarnt, wird es besonders skurril. – Das Verbotsgesetz ist nach dem Buch­staben des Gesetzes anzuwenden. Da geht es eben genau darum, dass das Relativieren und Gutheißen von NS-Verbrechen zu bewerten ist, und dafür braucht man historisches Wissen und muss auf dem Stand der wissenschaftlichen Forschung sein; entweder man beurteilt einen Sachverhalt oder zieht ein zeitgeschichtliches Gutachten bei.

Ich glaube nicht – das möchte ich dazusagen –, dass diese Staatsanwältin irgendeine Sympathie zu diesem Artikel empfindet, sondern – und das ist der Kern dieses Problems –, dass die Sensibilität bei der Begründung gefehlt hat, wobei ich jetzt nicht darauf eingehen will, ob die Einstellung gerechtfertigt war oder nicht. Das ist für die Republik unangenehm, es entsteht nämlich der Eindruck, dass die Justiz in einer Art und Weise argumentiert, die zeithistorisch nicht auf dem aktuellen Stand ist. Genau das ist der Punkt, genau das soll dieser Antrag insofern ändern, als es die zeitgeschichtliche Schulung für Richterinnen und Richter geben soll, damit sie diese Aufgabe auch mit der nötigen Verantwortung erfüllen und in der öffentlichen Debatte nicht der Eindruck entsteht, dass die Justiz Positionen vertritt, die zeithistorischem Wissen entgegenstehen.

Ich möchte aber noch einen Punkt ansprechen, der in der Rede des Abgeordneten Haider Thema war, jenes Mannes, der an einer Linzer Schule interveniert hat: Wir alle sind Politikerinnen und Politiker, wir alle haben Kinder, und ich nehme an, es wird ÖVP-Politikern, SPÖ-Politikern und Grünen-Politikern so gehen, dass die Kinder manchmal etwas erzählen, was Lehrer in der Schule gesagt haben oder hätten. Man wird sich wundern und finden, dass das der Position der eigenen Partei nicht entspricht. Mir geht es als Vater auch so.

 


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