Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 130

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sehr. Unsere Partei nehme ich dabei explizit aus, denn wir sagen klar, wohin wir wollen: Wir wollen in Richtung einer europäischen Republik.

Wo aber sind die Visionen der anderen? Wo ist die Emotion? Wo ist das, was Sie den Menschen mitgeben wollen, was Europa für Sie bedeutet? Das gibt es nicht. Wo man das am meisten vermisst, ist natürlich bei unserem sogenannten Europaminister und Außenminister Sebastian Kurz. Der überlegt sich wahrscheinlich – in der Früh, wenn er aufsteht – eher, welche Schlagzeile er raushaut, aber ganz sicher nicht, was er zur Entwicklung der Europäischen Union sagen wird.

Die jungen Leute haben aber andere Erwartungen an europäische Politik. Sie wollen etwas anderes hören, sie wollen mehr hören. Sie wollen auch mehr Europa und können es auch eigentlich kaum erwarten, zu sehen, wo diese Europäische Union in 20 Jahren sein kann, wenn wir heute damit anfangen, daran zu arbeiten, sie weiterzu­entwickeln.

Der Bundeskanzler und der Europaminister Kurz sind im Moment so unterwegs wie ein Fiesling am Schulhof, der den Kleineren jeden Tag mobbt (Abg. Lugar: ... Fiesling ...?), immer auf ihn draufhaut und sich danach total überrascht zeigt, dass er daran zugrunde gegangen ist; man wollte ihm ja eigentlich nur etwas Gutes tun.

Seit Sonntag sind jetzt alle Emmanuel-Macron-Fans. Je suis Emmanuel, wir müssen die Europäische Union weiterentwickeln!, sagen sie. Ja wann kommt das denn? Wir warten auf konkrete Vorschläge, wir warten auch auf konkrete Antworten auf die Fragen, die da schon auf dem Tisch liegen: Wo wollen die Leute hin? Wann erzählen Sie uns endlich Ihre Vision von Europa? Wollen Sie eine europäische Armee, eine richtige gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik? (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Wollen Sie eine EU-Kommission, die wie eine EU-Regierung funktionieren kann? Wollen Sie eine Neuordnung der Subsidiarität, eine Reevaluierung der Kompetenzen? Wollen Sie ein stärkeres europäisches Parlament? Wollen Sie die europäische Republik? (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich hätte gerne Antworten auf diese Fragen, auch von Sebastian Kurz. Ich möchte wissen, wofür er steht, denn für mich sind das wichtige Fragen. Ich möchte diese Dinge, ich möchte hin zur europäischen Republik, und ich möchte das vor allem noch erleben können – und ich bin, zumindest hier im Hohen Haus, relativ jung.

Was Europaminister Sebastian Kurz tut, ist dieses Bekenntnis zur europäischen Vision das ihm fehlt – mit Verzögerungstaktik auf die lange Bank zu schieben. Er beschäftigt sich damit, herauszufinden, welche kleinen Kompetenzen es gibt, die man vielleicht in österreichische Verantwortung zurückschieben könnte. Das ist absolute Zeitverschwendung, das hat nichts damit zu tun, die Europäische Union weiterzu­entwickeln.

Ich weiß ja, dass es nicht leicht ist, sich zur Europäischen Union zu bekennen, gerade in Österreich. Wenn man ein Freund der Europäischen Union ist, wenn man gerne die europäische Republik hätte, wenn man zur Integration der Europäischen Union etwas beitragen möchte, macht man sich beim Boulevard nicht besonders beliebt, die liegen einem nicht mehr zu Füßen. Ich würde aber meinen: Wofür braucht es denn Politikerinnen und Politiker, wenn nicht dafür?

Haben wir nicht die Aufgabe, uns auch für unbeliebte Dinge einzusetzen? Haben wir nicht die Aufgabe, das Bild der Europäischen Union bei den Österreicherinnen und Österreichern so zu formen, dass es überhaupt die Möglichkeit gibt, ernsthafte Refor­men anzugehen?

 


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