Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 232

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das ist uns ein Herzensanliegen, aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt! Und Spitzen­kandidat Kurz stößt genau in dasselbe Horn.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, wie lange sollen die Arbeiterinnen und Arbeiter noch warten, wieder 100 Jahre? – 1921 ist das Angestelltengesetz beschlos­sen worden – vor 96 Jahren! –, und seitdem haben wir diese Gleichstellung nicht geschafft. Das ist in Wirklichkeit eine Schande, dass wir heute noch darüber sprechen müssen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schatz.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von den rund 3,7 Millionen ArbeitnehmerInnen sind 1,3 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter. Sind das wirklich ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse? Wir werden das nicht mehr hinnehmen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines noch dazu, weil August Wöginger das ganz besonders hervorgehoben hat: August Wöginger war selber Arbeitnehmervertreter, war selber Betriebsrat; und er hat seit seinem ersten Arbeitstag nicht eine Woche, nicht einen Tag, sondern zumindest sechs Wochen Kündigungsfrist gehabt. Es sitzt in diesem Haus niemand, der neben dem Mandat gleichzeitig auch Arbeitnehmer ist, der eine kürzere Kündigungsfrist als sechs Wochen hat. Die meisten haben drei Monate, vier Monate, fünf Monate oder sechs Monate. Wie sollten wir das den Arbeitnehmern erklären, die nicht in diesen Genuss kommen? Wenn ich hier die Kündigungsfristen sehe: Der Textilreiniger hat eine Woche – das ist in Wirklichkeit eine Schande –; der Gärtner zum Beispiel hat auch eine Woche; der Fleischer, der im Gewerbe tätig ist, hat ebenfalls eine Woche; die Floristin hat zwei Wochen – da hat man es schon ein bisschen besser –, und bei den gewerblichen Forstunternehmen gelten ebenfalls zwei Wochen.

Der Bäcker hat noch einen Tag! Kolleginnen und Kollegen, das ist Mittelalter! Man muss sich das vorstellen: Am Freitag sagt der Chef: Am Montag kommst du nicht mehr!; und der nimmt sein Packerl und geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit muss Schluss sein! Das kann so nicht mehr stattfinden. Diese Rechtlosigkeit, diese Willkür muss ein Ende finden!

Es ist wahrscheinlich ein Zufall, dass vor 202 Jahren, also 1815, genau in diesem Haus im Zuge des Wiener Kongresses der Sklavenhandel in Europa abgeschafft wurde. 106 Jahre später kam 1921 das Angestelltengesetz; und 96 Jahre später, also heute, schaffen wir es vielleicht wirklich, die Gleichstellung herbeizuführen. Es ist ein großer Tag für unsere ArbeiterInnen, für unsere ArbeitnehmerInnen. Ordentliche Kündigungs­fristen sind im dritten Jahrtausend in Wirklichkeit ein Menschenrecht, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage wirklich allen Ernstes: Wer heute diese Abstimmung nicht mitträgt, der sollte sich ganz gehörig schämen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schopf: Bravo!)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Franz ist nun zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.26.38

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gleichstellung von Arbeitern und Ange­stellten, das klingt immer sehr gut, wie der Begriff Gleichstellung ja immer gut klingt. Er wird gern als Wieselwort gebraucht, denn es befriedigt die Gerechtigkeitsgefühle, und man hat das Gefühl, dass man etwas Gutes für die Bevölkerung tut, wenn man das linke Gleichheitsdogma am besten über den ganzen Staat und auch noch über seine Grenzen hinaus drüberzieht.

 


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