Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung, 28. Februar 2018 / Seite 131

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15.00.48

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir schreiben das Jahr 2018. Warum sage ich das? – Weil es eine Schande ist, dass wir in diesem Jahr schon wieder und noch immer über dieses Thema diskutieren müssen. Es ist auch eine Schande, dass Sie, sehr geehrte Abgeordnete der FPÖ und ÖVP, im Jahr 2018 ein Gesetz wieder rückgängig machen, das wir bereits 2015 hier im Hohen Haus, aus gutem Grund und mit aller wissenschaftlichen Evidenz begründet, beschlossen haben. Es ist auch eine Schande, dass wir im Jahr 2018 noch immer um diese Selbstver­ständlichkeit kämpfen müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Vernünftig ist das! – Abg. Rädler: Dann macht ihr irgendwas falsch!)

Ihr Vorhaben, das Rauchverbot in der Gastronomie wieder aufzuheben, wirft uns Jah­re, wenn nicht Jahrzehnte im NichtraucherInnenschutz und gesundheitspolitisch zurück und macht Österreich einmal mehr zum Aschenbecher Europas.

Wie Sie wissen, war es meine Vorgängerin, Gesundheitsministerin Sabine Oberhau­ser, deren Todestag sich übrigens vor ein paar Tagen zum ersten Mal gejährt hat, die hier im Hohen Haus im Jahr 2015 dieses Gesetz gemeinsam mit dem damaligen ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erarbeitet und verhandelt hat. Es war nicht einfach. Der Weg dorthin war lang und schwierig. Viele Gespräche, lange Verhandlun­gen mit Wirten, Hoteliers, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gastronomie gingen diesem Gesetz voraus.

Dennoch war es am Ende ein Kompromiss mit der ÖVP, das Gesetz erst nach einer dreijährigen Übergangsfrist am 1. Mai 2018 in Kraft treten zu lassen; und genau dieser Kompromiss, sehr geehrte Damen und Herren, hat dazu geführt, dass wir heute da stehen, wo wir stehen, nämlich dass das Rauchverbot gekippt wird, bevor es über­haupt in Kraft treten konnte. Aber nicht nur das: Aus Angst vor Reaktionen, Stellung­nahmen der Bevölkerung, der Organisationen, der Expertinnen und Experten, kippen Sie, die Bundesregierung, das Rauchverbot ohne jegliche Begutachtung und für unbe­fristete Zeit – sprich ewig.

Stattdessen bringen Sie einen sogenannten Initiativantrag ein. Damit nehmen Sie nicht nur den österreichischen Expertinnen und Experten, sondern auch der Öffentlichkeit, den Menschen hier in diesem Land die Möglichkeit, öffentlich Position zu beziehen, Stellungnahmen abzugeben. Sie schließen die Bevölkerung aus diesem Prozess schlicht aus, genau als jene Partei, die sich Bürgerbeteiligung, mehr direkte Demokra­tie immer wieder lautstark auf ihre Fahnen geheftet hat.

Was Sie in Ihrem Initiativantrag als Jugendschutz bezeichnen, ist für mich als Ärztin und Gesundheitsexpertin eine reine Heuchelei. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz. – Zwischenruf des Abg. Hörl.) Denn es steht außer Zweifel: Der beste Jugend­schutz gesundheitlicher Art ist ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, da kön­nen Sie Experten aus allen verschiedenen Richtungen fragen.

Sabine Oberhauser hat am 8. Juli 2015, an jenem Tag, an dem das NichtraucherIn­nenschutzgesetz beschlossen wurde, gesagt, ich zitiere: „Für mich ist das [...] ein Tag, den ich [...] mit Freude erwartet habe. Das ist für mich [...] eine seit 2008 gehende Geschichte.“ – Seit 2008, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ehrlich gesagt er­schüttert, dass ich heute, zehn Jahre danach, in diesem Plenarsaal vor Ihnen stehe und das gleiche Thema, die gleichen Argumente wieder anführen, auf den Tisch legen muss. (Abg. Belakowitsch: Wo waren Sie 2008?) Es sind genau die gleichen wie vor zehn und auch vor 20 Jahren. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Deimek: Ja, weil sie nicht besser geworden sind, sondern schlechter!)

Unter Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete der ÖVP, sind 28 Abgeordnete, die damals vor drei Jahren mit uns einstimmig für das Rauchverbot gestimmt haben. Ich frage mich


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