Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 143

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17.34.3913. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 122/A(E) der Abge­ordneten Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Andreas Schieder, Mag. Roman Haider, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betref­fend humanitäre Versorgung und Wiederherstellung der Sicherheit für die Zivil­bevölkerung in Afrin (52 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu Punkt 13 der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


17.35.09

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Frau Außenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An die 30 Millionen Kurden leben ohne eigenen Staat in Gebieten der Türkei, des Irak, des Iran und in Syrien. Afrin ist eine Stadt, wo die Bevölkerungsmehrheit seit Jahrhunderten kurdisch war. Seit wenigen Tagen ist das anders, die Türkei hat Tatsachen geschaffen, rund 150 000 Kurden sind in der Region auf der Flucht.

Die Türkei spricht von einer Befreiung der Region. Es sind aber mehr als 100 000 Menschen auf der Flucht. In – auch englischsprachigen – türkischen Zeitungen war davon die Rede, dass die Menschen aus Afrin in ihre Häuser in das befreite Afrin zurückkehren können. (Der Redner hält eine Ausgabe der Zeitung „Daily Sabah“ in die Höhe.) Wenn etwas die Bezeichnung Fake News verdient, dann diese Darstellung in türkischen Medien. Die Mehrheit der Bevölkerung wird vertrieben und man spricht von einer Befreiung der dortigen Bevölkerung.

Besonders gefährdet sind nicht nur die Kurden. Sie sind natürlich die Hauptleidtra­genden, aber die Kurden haben bisher in dieser Region dafür gesorgt, dass auch Christen, die seit Jahrhunderten dort leben, und Jesiden friedlich zusammengelebt haben. Dörfer rund um Afrin waren auch von Aleviten besiedelt. Niemand weiß jetzt, wie es diesen Gruppen, diesen religiösen Minderheiten und diesen Volksgruppen, tatsächlich ergehen wird.

Ein Teil der Bevölkerung ist dort hingekommen, als 1915 ein Massaker im Osmani­schen Reich angerichtet worden ist. Damals waren die Armenier die Hauptleidtra­genden, aber auch kurdische Bevölkerungsgruppen und andere religiöse beziehungs­weise ethnische Minderheiten sind damals in die Flucht geschlagen worden.

Bisher war die Türkei ein Land, das Flüchtlinge aufgenommen hat und dafür auch großzügigst von der Europäischen Union unterstützt worden ist. Es ist ja kein Bagatell­betrag, wenn man dafür zweimal 3 Milliarden Euro seitens der Europäischen Union bekommt.

Jetzt verursacht die Türkei selbst ein Flüchtlingselend, und andererseits will man in diesem Gebiet eine große Umsiedlung vornehmen. Präsidentengattin Emine Erdoğan hat schon im Februar in einer öffentlichen Rede in Istanbul gesagt, dass man in diese Gegend, wo bisher Kurden angesiedelt waren, eine halbe Million Syrer bringen möch­te. Das wäre eine reine Umsiedlung, da aus Afrin bisher keine Syrer geflohen sind, weil eben die Kurden dieses Gebiet gehalten haben.

Es war schon eine wirkliche Irreführung oder ein Versuch der Irreführung der Öffent­lichkeit, als Erdoğan im Vorfeld dieser militärischen Invasion davon gesprochen hat, dass in Afrin ohnehin auch bisher schon die Mehrheit eigentlich arabisch gewesen sei


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