Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 67

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permanent im Krankenstand sein müssen oder krank arbeiten gehen, dann müssen wir die Arbeitszeit verkürzen. Ich trete daher für eine zeitgemäße Form der Arbeitszeitpoli­tik ein. Ich gestehe: Ich bin ein Fan der Verkürzung der Arbeitszeit; wir können uns das leisten. Das ist Arbeitszeitpolitik, wie wir sie im 21. Jahrhundert diskutieren müssen. Das, meine Damen und Herren, führt zu einer Win-win-Situation, nicht nur für die ar­beitenden Menschen in den Betrieben, sondern auch für das Land Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Pa­mela Rendi-Wagner.


17.17.54

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Haubner rät uns, nicht über die Kirche zu reden, sondern in die Kir­che zu gehen. Ich darf Ihnen in umgekehrter Weise raten, nicht nur über Betriebe zu reden, sondern endlich in Betriebe zu gehen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Winzig: Genau das tun wir! – Abg. Haubner: Das war der beste Witz! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Bundesregierung! Mit dem Kippen des Rauchverbots vor wenigen Mona­ten haben Sie einmal mehr gezeigt, wie unfassbar wenig Wert Sie auf wissenschaftli­che Fakten und Expertenmeinungen in diesem Land legen. Damals habe ich gedacht, dass Sie den Zenit der Verantwortungslosigkeit und Faktenlosigkeit bereits überschrit­ten haben, aber das war weit gefehlt, denn mit dem 12-Stunden-Tag und der 60-Stun­den-Woche beweisen Sie uns das einmal mehr.

Was passiert, wenn Ihr Gesetzentwurf so beschlossen wird, wie er auf dem Tisch liegt? – Die Menschen werden kränker. Weil Sie es auch kaum erwarten können, sehr geehrte Bundesregierung, die AUVA zu zerschlagen, wird in Zukunft auch kaum je­mand mit dieser hohen Expertise da sein, um die Menschen nach Arbeitsunfällen, de­ren Zahl steigt, in geeigneter Weise zu behandeln und für den Wiedereinstieg zu re­habilitieren. Ihr Plan ist somit ein gezielter Angriff auf die Gesundheit der Menschen in diesem Land! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Was passiert, wenn Menschen länger arbeiten, über die normale Arbeitszeit hinaus? – Es passieren mehr Unfälle, nämlich Arbeitsunfälle – signifikant erhöht ab der 9. Ar­beitsstunde, und bei der 12. Arbeitsstunde besteht ein dreimal so hohes Unfallrisiko. Ein Arbeiter, der sich nach vier 12-Stunden-Nachtdiensten hintereinander auf den Weg nach Hause macht, hat dasselbe erhöhte Unfallrisiko wie mit 0,8 Promille Alkohol. Sie können gleich die Alkoholgrenze im Straßenverkehr hinaufsetzen, das Ergebnis ist, so gesehen, dasselbe. (Abg. Zarits: Geh bitte! Ruf bei der FPÖ: Auf wie viel würden Sie vorschlagen?)

Oder schauen wir uns einmal die Auswirkungen auf die Gesundheit an, das Risiko, dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die erhöhte Arbeitszeit ausgesetzt sind: Statistiken zeigen – und das sind wissenschaftliche Arbeiten –, dass Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer dann doppelt so häufig einen Herzinfarkt erleiden, ein vier­faches Risiko haben, an Diabetes zu erkranken, viel anfälliger für sämtliche Entzün­dungserkrankungen sind, doppelt so häufig Depressionen bekommen, Burn-out, Schlaf­störungen. Und das, sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, lässt Sie wieder einmal völlig kalt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Sie beuten mit Ihren neuen Plänen 3,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus – nicht nur finanziell, sondern auch körperlich, psychisch und gesundheitlich. Und


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