Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 35

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Jetzt kommt die volkswirtschaftliche Sichtweise!)


10.18.34

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin! Sie haben gesagt, der Familienbonus sorgt für mehr Gerechtigkeit. Dem muss ich widersprechen, dem muss ich scharf widersprechen (Abg. Zarits: Scharf!), denn dieser Familienbonus erhöht die Tendenz zur Spaltung der Gesellschaft, erhöht die Lücke zwischen niedrigen Einkommen und hohen Einkommen (Abg. Wöginger: Das ist interessant, dass das der Kinderfreibetrag nicht getan hat!) und setzt die Tendenz, die wir schon in den letzten 15, 20 Jahren beobachten konnten, nämlich zu einem Auseinanderklaffen der niedrigen und hohen Einkommen, weiter fort.

Um das festzustellen, reicht es zunächst einmal, einen Blick auf einige Fakten zu werfen, und da möchte ich eine Verteilungsstudie heranziehen, die der Budgetdienst für uns, für den Ausschuss, erarbeitet hat. Zunächst einmal ist es so, dass der Fami­lienbonus nicht für alle Menschen mit Kindern gleich hoch ist. Da wird ja differenziert. Das entscheidende Kriterium dafür ist das Einkommen. Wer ein niedriges Einkommen hat und keine Lohn- und Einkommensteuern zahlt – nicht: keine Steuern zahlt; Frau Ministerin, bleiben Sie exakt! –, bekommt 250 Euro Kindermehrbetrag. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Wer Lohn- und Einkommensteuer zahlt, der kann einen Familienbonus bis zu 1 500 Euro lukrieren – bis zu 1 500 Euro! –, also das Sechsfache. Sie werden mir jetzt doch nicht erklären wollen, dass es gerecht ist, wenn Menschen, die keine Lohn- und Einkom­mensteuer zahlen, die also ein niedriges Einkommen haben, nur ein Sechstel dessen an Bonus für ihre Kinder bekommen, was Besserverdienende bekommen. Das ist eben nicht gerecht. Gerecht wäre es, wenn man allen Kindern tatsächlich gleich viel geben würde. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Außerdem, Frau Ministerin, ist es ja so, dass es eine Reihe von Kindern gibt, die weder in den Genuss des Kindermehrbetrags noch in den Genuss des Familienbonus kommen. Das sind immerhin 150 000 Kinder in diesem Land – und da sprechen Sie von Gerechtigkeit?! (Abg. Schimanek: Welche Kinder sind das bitte, Herr Kolle­ge?) Meinen Sie es wirklich ernst, dass es gerecht ist, 150 000 Kinder außen vor zu lassen? Frau Ministerin, ich finde das nicht gerecht!

Schauen wir uns einmal an, wie die Verteilungswirkungen dieses Familienbonus sind! Dazu ziehe ich die Verteilungsstudie, die der Budgetdienst für uns, für den Ausschuss, gemacht hat, heran: Man kann feststellen, dass die unteren 20 Prozent der Haushalte deutlich weniger von diesem Familienbonus profitieren als die Haushalte in den Dezilen drei bis sieben, das sind Haushalte mit mittlerem Einkommen. Das bedeutet nichts anderes, als dass eine Schere zwischen den niedrigen auf der einen Seite und den mittleren und hohen Einkommen auf der anderen Seite aufgeht (Abg. Schimanek: Das stimmt ja nicht!); und dies, Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es gerade die Bezieher niedriger Einkommen gewesen sind, die in den letzten 15 Jahren enorme Realeinkommensverluste hinnehmen mussten. Werfen Sie doch bitte einen Blick in den Einkommensbericht des Rechnungshofes, da können Sie das nachlesen! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, genau!) Das festigt nämlich meine These, dass die Schere zwischen den niedrigen Einkommen und den hohen Einkommen weiter aufgeht.

Dieser Familienbonus beziehungsweise diese Regelung, die Sie hier schaffen, ist aber auch nicht geschlechtergerecht. Frau Ministerin, Sie sind ja auch Frauenministerin! Auch dazu gibt es Studien, die zeigen, dass dieser Familienbonus zu drei Vierteln den


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