Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 116

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malige Koalition hat dafür circa 13 Jahre gebraucht. Im Vergleich dazu: Dieser Entlas­tungsschritt, Herr Bundesminister, benötigte keine vier Monate. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der damalige Prozess wurde auch dieses Mal angewandt, und umso bedauerlicher und auch unverständlicher ist, dass die SPÖ ihn nun nicht mitträgt. Die Argumente der Ressourcenverschwendung kann ich nicht teilen. Der Herr Bundesminister hat sich schon zwei Mal bemüht, einmal bei einer Aussprache und auch im letzten Ausschuss, und er wird es, glaube ich, heute auch wieder erklären. Vielleicht verstehen Sie es beim dritten Mal.

Da auch die wissenschaftliche Seite angesprochen wurde: Wir erhalten Unterstützung für diese Rechtsbereinigung. So hat zum Beispiel Professor Bernd-Christian Funk schon im Jahr 1994 gemeint: Rechtsbereinigung soll den Zugang zum Recht freilegen, der durch Über- und Fehlproduktion an Gesetzen verschüttet zu werden droht.

Die Tausenden sinnlosen oder nicht mehr zeitgemäßen Normen sind ein überflüssiger Ballast für uns alle, und es ist wohl jedem klar, dass es, wenn man als Bürger versucht, sich im RIS Informationen zu holen, gewiss einen Unterschied macht, ob 5 000 Nor­men, Gesetze und Verordnungen drinnen sind oder nur die Hälfte davon.

Wir wollen die Rechtsanwendung erleichtern und sorgen damit für mehr Rechts­sicher­heit. Vereinfachen, beschleunigen, entbürokratisieren – mit diesem Versprechen ist diese Bundesregierung angetreten und mit diesem heutigen Gesetz halten wir einmal mehr Wort. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zinggl. – Bitte.


14.18.56

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Niemand hat etwas gegen die Entsorgung alter, toter, unnötiger Gesetze, aber bei der Durchsicht der Gesetze, die im Zuge des Reinigungs­pro­grammes überlebt haben, ist mir ein Gesetz aufgefallen, das vielleicht charakte­ris­tisch für diese Politik ist und verblieben ist, obwohl es 150 Jahre alt ist. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1868 – nicht 1968, sondern 1868! –, und ich habe gedacht, es ist tot, aber es lebt weiter und es lebt wieder und es wurde explizit aus diesem Reini­gungs­programm herausgefischt. Es geht um das Eidgesetz. Es geht um die Prozess­ordnung und das Schwören vor Gericht mit Schwurgarnitur und allem möglichen Hokus­pokus.

Ich darf vielleicht nur § 3 als Beispiel vorlesen:

„Vor der Eidesablegung hat der Richter den Schwurpflichtigen in einer dessen Bil­dungs­grade und Fassungskraft angemessenen Weise an die Heiligkeit des Eides vom religiösen Standpuncte, an die Wichtigkeit des Eides für die Rechtsordnung, an die zeitlichen und ewigen Strafen des Meineides zu erinnern [...]“

Na ja. Dieses juristische Fossil ist nicht einmal novelliert worden, das heißt, es ist in seiner Urfassung weiterhin gültig und es bleibt offensichtlich Gesetz, weil es für die Regeln der gemeinsamen Staatsführung wichtig ist, für unser Zusammenleben wie einen Bissen Manna. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie, Herr Minister, nicht Ihren Abge­ordneten von den Regierungsfraktionen da etwas vorführen wollen, nämlich: Wir be­stim­men da Gesetze, die so komisch sind, und ihr müsst es trotzdem beschließen, ob ihr wollt oder nicht.

 


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