Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 117

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Stellen wir uns jetzt einmal dieses Szenario vor: Wir brauchen erstens ein Kruzifix, das am Richtertisch fix montiert ist, damit nicht irgendjemand während der Verhandlung auf blöde Gedanken kommt. Dann brauchen wir links und rechts davon eine brennende Kerze, und wir brauchen drei Finger der rechten Hand, die gehoben werden, während die Formel „[...]; so wahr mir Gott helfe!“ gesprochen wird. Ich weiß nicht, ob die Richter auch darauf achten müssen, ob nicht die sogenannte Blitzableiterfunktion ein­gesetzt wird. Sie kennen das vielleicht noch, die Älteren zumindest, aus der Kindheit: Wenn wir in Schwurnot geraten sind, konnten wir mit der linken Hand hinter dem Rücken zwei Finger kreuzen, und damit war das, was man vorne geschworen hat, obsolet, das heißt, es war nicht mehr gültig. Um diese Tricks zu verhindern, würde ich vorschlagen, dass wir überlegen, einen entsprechenden Initiativantrag einzubringen. – Spaß beiseite!

Schade, dass wir in diesem Land von der Aufklärung offensichtlich nur gestreift worden sind. Sie erinnern sich, Immanuel Kant hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Schwüre und Eide eine Einschränkung der Freiheit bedeuten und hat sie dement­sprechend abgelehnt. Tausend Jahre europäische Geschichte, Kampf gegen die Ein­mischung von religiösen Vorstellungen in die Staatsgewalt und in die Gerichtsbarkeit sind offensichtlich nicht ganz erfolgreich gewesen in dem Land, denn wir schwören weiterhin und haben Angst vor Höllenqualen. Die Christen schwören noch dazu auf einen Christus am Richtertisch, der ihnen in der Bergpredigt deutlich gesagt hat: Schwört nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde noch bei Jerusalem. Gut möglich, dass uns auch das Christentum nur gestreift hat. Vielleicht sind wir überhaupt noch wesent­lich länger den Runen und den Fackelkreisen und den Schutzamuletten und was im­mer es damals gegeben hat, verhaftet.

Jedenfalls ist dieses Beharren auf einem Gesetz symbolisch für diese anachronistische und rückwärtsgewandte Politik. Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 192 d.B.: Bundesgesetz betreffend die Bereinigung von vor dem 1. Jänner 2000 kundgemachten Bundesgesetzen und Verordnungen (Zweites Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 2. BRBG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

„In der Anlage zu diesem Bundesgesetz wird der Eintrag unter der Klassifikations­num­mer 22.04.20 betreffend RGBl. 33/1868 gestrichen.“

*****

Ich bin der Meinung, das Eidgesetz aus 1868 ist ein Fremdkörper in einem aufge­klär­ten, modernen Rechtsstaat und daher entbehrlich. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

14.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl,

 


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