Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 193

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Lösung zustande gebracht haben, denn auch der Finanzminister hat offensichtlich über Weisung des Herrn Bundeskanzlers die Bremsen angezogen und wollte das Gesetz insgesamt zum Scheitern bringen. – Jetzt gibt es dieses Gesetz.

Das, was heute beschlossen wird, ist eine Anpassung von Definitionen an neue be­stehende Regelungen und insofern also keine inhaltliche Änderung. Aber nichtsdesto­weniger sieht man, dass eine gewisse Beharrlichkeit und der Hinweis darauf, dass qualitätsvolle Gesetze durchgesetzt werden müssen, letztlich doch auch jene Personen überzeugen können, die an sich aus ihrer sozialen Haltung heraus nicht unmittelbar sehr stark für diejenigen, die weniger haben, eintreten wollen. In diesem Fall ist es ge­lun­gen, und ich bin froh darüber. Daher werden wir dieser Regelung auch zustim­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Reifenberger ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


18.38.02

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Am letzten Sonntag, am 1. Juli 2018, ist das Erwachsenenschutz-Gesetz in Kraft getre­ten – das ist ein historischer Schritt im rechtlichen Umgang mit sogenannten schutz­berechtigten Personen.

Die bisherige Sachwalterschaft wurde reformiert und in das sogenannte Erwach­senen­schutzrecht übergeführt. Dieses besteht aus insgesamt vier Säulen.

Die erste Säule ist die sogenannte Vorsorgevollmacht. Diese ist seit dem Jahr 2007 im ABGB festgeschrieben, de facto gibt es die Vorsorgevollmacht in der Praxis aber schon länger. Das war eine Entwicklung der Notariate, die weit umfassende Vollmach­ten zu dem Zweck, eine Sachwalterschaft zu verhindern, gestaltet haben.

Die zweite Säule – und die ist jetzt neu – ist die sogenannte gewählte Erwachsenen­ver­tretung.

Die dritte Säule ist die sogenannte gesetzliche Erwachsenenvertretung; das ist eine Weiterentwicklung der gesetzlichen Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger.

Die vierte und letzte Säule ist eben die sogenannte gerichtliche Erwachsenen­ver­tretung. Das ist das, was früher in etwa unter dem Begriff Sachwalterschaft zu ver­stehen war. Das ist die letzte Stufe in dieser vierstufigen Hierarchie. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung ist sozusagen nur das allerletzte Mittel, wenn keine der drei anderen Säulen zur Anwendung gebracht werden kann.

Ziel und Zweck des Erwachsenenschutz-Gesetzes ist es, die Selbstbestimmung, die Autonomie entsprechend zu stärken und rechtliche Einschränkungen auf ein Mindest­maß zu reduzieren. Das ist natürlich ein schmaler Grat, auf der einen Seite den not­wendigen Schutz zu gewährleisten, auf der anderen Seite aber keine übertriebene Entrechtung zu vollziehen.

Der Gesetzgeber hat im Jahr 2017 beschlossen, das Pendel in die Richtung der Selbst­bestimmung ausschlagen zu lassen; das ist das leitende Prinzip des Erwachsenen­schutz-Gesetzes. Seitens der Betroffenen wird häufig der Wunsch geäußert, das Recht zu bekommen, auch Fehler machen zu dürfen, und nicht durch zu viel Schutz einge­schränkt zu werden.

 


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