Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 192

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Es gibt nun vier Möglichkeiten der Vertretung: zum einen die Vorsorgevollmacht und die gewählte Erwachsenenvertretung, die unbefristet sind; bei der gewählten Erwach­se­nenvertretung muss auch darauf hingewiesen werden, dass mit dieser Vertretung Vertrauenspersonen aus dem Bereich des Betroffenen betraut werden können und nicht ein Fremder eingesetzt werden muss.

Befristet wird es eine gesetzliche Erwachsenenvertretung sowie eine gerichtliche Er­wachsenenvertretung geben.

Die Vorsorgevollmacht – wie der Name schon sagt – kann von Betroffenen vorsorglich vergeben werden, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch entscheidungsfähig sind, für einen Zeitpunkt, zu dem sie das nicht mehr sind. Dafür kommt auch jede Person im Umfeld des Betroffenen infrage.

Eine weitere Möglichkeit ist die gewählte Vertretung. In diesem Fall wird erst im Bedarfsfall jemand ausgewählt, aber auch vom Betroffenen selbst. Damit wird dem Wunsch nach Selbstbestimmung und vor allem auch dem Wunsch des Betroffenen nach Mitsprache bei der Vertretung Rechnung getragen. Das kann auch bei bereits ge­minderter Entscheidungsfähigkeit erfolgen und muss bei einem Notar, Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein festgelegt werden.

Eine gesetzliche Vertretung endet spätestens nach drei Jahren. Diese übernehmen die nächsten Angehörigen, und sie unterliegt der richterlichen Kontrolle.

Die gerichtliche Vertretung wiederum ist die bisherige Sachwalterschaft, die allerdings nur mehr auf bestimmte Aufgaben beschränkt wird und keine Vertretung mehr für alle Angelegenheiten ist. Auch diese endet spätestens nach drei Jahren; sie ist das aller­letzte Mittel. Rechtsanwälte, Notare und so weiter dürfen in Zukunft nicht mehr als 15 Vertretungen auf einmal übernehmen, es sei denn, sie sind in einer Liste für besonders qualifizierte Personen eingetragen. Alle bestehenden Sachwalterschaften sollen bis 2023 dahin gehend überprüft werden, ob sie noch notwendig sind, damit auch sichergestellt wird, dass Sachwalterschaften beziehungsweise gerichtliche Ver­tre­tun­gen nur in jenen Fällen zum Einsatz kommen, in denen sie wirklich nötig sind.

Österreich hat damit seit Kurzem eines der modernsten Vertretungsrechte Europas, das die größtmögliche Selbstbestimmung und Entscheidungshilfe der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Eigenverantwortung und Selbständigkeit sind Werte der Öster­reichi­schen Volkspartei, ich freue mich daher, dass es mit dem neuen Erwachsenen­schutz-Gesetz den Menschen leichter gemacht wird, so lange wie möglich ein selbst­be­stimmtes Leben zu führen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

18.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jarolim. Ich darf es ihm erteilen.


18.36.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir werden dieser Vorlage zustimmen. Wir haben schon öfter zu diesem Gesetz ge­sprochen und wir haben auch darüber gesprochen, dass der vormalige Justizminister Brandstetter in seiner ersten Vorlage – ich glaube – 80 oder 82 Millionen Euro als notwendige Mittel dafür, eine massive Verbesserung für die Ärmsten der Armen sicherzustellen, benannt hat. Diese Summe hat sich dann nach Kontaktaufnahme mit dem nunmehrigen Bundeskanzler auf wundersame Weise auf 20 Millionen Euro redu­ziert. Man kann davon ausgehen, dass mit 20 Millionen Euro natürlich weniger gewähr­leistet werden kann als mit 85 Millionen Euro. Nichtsdestoweniger sind wir froh – und das muss man auch dem jetzigen Justizminister anrechnen –, dass wir insgesamt eine


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