Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 194

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Jetzt haben wir das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz zu beschließen, das am 1. August in Kraft treten soll und mit dem in insgesamt 27 Bundesgesetzen Anpassun­gen vollzogen werden.

Es gibt ein paar Bedenken dagegen – zumindest im Ausschuss von Frau Dr. Griss von den NEOS geäußert –, nämlich dass die Schutzmechanismen zu sehr reduziert wer­den könnten. Das Beispiel, das Frau Dr. Griss im Ausschuss angesprochen hat, war, dass bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, also der ehemaligen Sachwalter­schaft, es nicht mehr automatisch zu einer Anmerkung im Grundbuch und im Fir­menbuch kommt, was eben früher bei der Sachwalterschaft sehr wohl der Fall war. Jetzt gibt es nur mehr eine Anmerkung, wenn vom Pflegschaftsgericht ausdrücklich ein sogenannter Genehmigungsvorbehalt angeordnet wird.

Ich muss dazu sagen, dass diesbezüglich in meiner Brust zwei Herzen schlagen. Aus der Sicht des Vertragserrichters und Sachwalters, der ich selbst auch einer bin, wün­sche ich mir natürlich den bestmöglichen Schutz der betroffenen Personen. Insofern kann ich die Kritik der NEOS inhaltlich durchaus ein bisschen nachvollziehen. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass Sinn und Zweck des Gesetzes sind, die Auto­nomie zu stärken und so wenig wie möglich in die Rechte der Betroffenen einzugreifen. Gerade die NEOS sollten das so verstehen; sonst hängen sie ja auch einem sehr liberalen Gesellschaftsbild an, und das spiegelt sich darin gewissermaßen wider.

Ich glaube aber, dass die Justiz in der praktischen Handhabung sehr häufig von die­sem gerichtlichen Genehmigungsvorbehalt Gebrauch machen wird und dass es sehr oft zu Anmerkungen im Grundbuch und im Firmenbuch kommen wird. Insofern kann es sein, dass diese Debatte in Wahrheit eher eine akademische Debatte ist.

Ich denke aber ohnehin, dass man sich dieses Gesetz nach einem gewissen Beobach­tungszeitraum anschauen muss, das Erwachsenenschutz-Gesetz vielleicht evaluieren und dann an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch ein bisschen nachschärfen muss. Bis dahin freuen wir uns auf mehr Selbstbestimmung auf der einen Seite und weniger Bevormundung auf der anderen Seite – wahrlich ein freiheitlicher Grundsatz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


18.42.45

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich kann mich in den wesentlichen Punkten meinem Vorredner anschließen: Das ist eine Schutzlücke, die derzeit besteht, und man muss beobachten, wie sich das in der Praxis auswirkt. Man wird daher, da bin ich ganz Ihrer Meinung, das Gesetz evaluieren müssen. Ich glaube überhaupt, dass das Erwachsenenschutz-Ge­setz ein gutes Beispiel für ein Gesetz wäre, das ein bestimmtes Ablaufdatum hat. Das ist – da wähle ich auch Ihre Worte, Herr Abgeordneter Reifenberger – eine Gratwan­derung zwischen Selbstbestimmung und Schutz, und man muss sich genau an­schauen, wie sich das in der Praxis auswirkt. Es gibt viele Beschwerden im Zusam­menhang mit Sachwalterschaften, weil viele Leute unzufrieden sind. Das, was jetzt geschieht, ist das, was man so schön einen Paradigmenwechsel nennt; man muss sich anschauen, wie sich das auswirkt.

Ich möchte aber noch einen anderen Punkt ansprechen, und zwar folgenden: Wir haben in Österreich mehr als 50 000 Sachwalterschaften, und all diese Sachwalter­schaf­ten müssen jetzt überprüft werden, weil es in Zukunft, seit 1. Juli 2018, maßge­schneiderte Lösungen für Menschen gibt, die in ihrer Entscheidungsfähigkeit beschränkt


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