Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 195

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sind. Man muss sich anschauen, was diese Menschen brauchen, wo man sie unter­stüt­zen muss und wer dafür infrage kommt. Mein Vorredner hat es bereits gesagt: jemand aus der Verwandtschaft, ein Gesetzlicher, ein frei Gewählter oder es muss gerichtlich jemand bestellt werden oder es gibt eine Vorsorgevollmacht, wie auch immer. Das wird jedenfalls ein großer Aufwand für die Gerichte sein, und leider hat man das nicht berücksichtigt; es wurden nicht mehr Stellen für die Gerichte geschaffen. Also die sehr berechtigten Wünsche der Gerichte, der RichterInnenvereinigung nach mehr Personalressourcen für die Justiz, gerade im Zusammenhang mit dem Erwach­se­nenschutz-Gesetz, wurden nicht berücksichtigt.

Wozu führt das? – Das führt dazu, dass für viele Menschen diese maßgeschneiderten Lösungen später kommen werden. Für viele Menschen wird die Lösung zu spät kom­men, denn es sind sehr oft alte und ältere Menschen, die eben nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, und die bisher einen Sachwalter be­kom­men haben. Für viele dieser Menschen, die in ihrer Entscheidungsfähigkeit be­schränkt sind, besteht nun vielleicht nicht die Möglichkeit für eine Lösung, die ihren Bedürfnissen entspricht, weil einfach die Ressourcen dafür nicht vorhanden sind. Ich verstehe das, ehrlich gesagt, nicht, denn das ist ein ganz wichtiger Bereich, in dem die Fürsorgepflicht des Staates eine ganz große Rolle spielt.

Ich würde mich bezüglich des Rechts, Fehler zu begehen, nicht Ihrer Einschätzung anschließen, Herr Abgeordneter Reifenberger! Ich glaube nicht, dass es darum gehen kann, sondern es muss darum gehen, den besten Ausgleich zwischen Selbstbestim­mung und notwendigem Schutz zu finden. Man muss sich die Sache immer genau an­schauen, und dazu braucht man Personal. Ich glaube, dass das im Sinne der Men­schen, die das brauchen, gut investiertes Geld gewesen wäre oder gut investiertes Geld wäre; es ist ja nicht aller Tage Abend, es sind ja fünf Jahre Zeit. Ich glaube, dass man die Justiz auf jeden Fall besser ausstatten muss. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Mahrer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


18.46.30

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das von allen im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam beschlossene Erwachsenenschutz-Gesetz – und das ist auch ein besonderer Beitrag zur Harmonie – ist mit 1.7.2018, also vor wenigen Tagen, in Kraft getreten. Es hat damit einen Paradigmenwechsel gegeben, einen Para­digmenwechsel im Umgang mit Menschen, die nicht zur Gänze oder gar nicht fähig sind, für sich selbst zu entscheiden.

Die wesentlichen Grundsätze dieses Gesetzes möchte ich in Erinnerung rufen, weil es ganz neu in Kraft getreten ist: Wir gehen den Weg von der vielfach erlebten Entmün­digung von Menschen hin zur Unterstützung in einem weitgehend selbstbestimmten Leben. Wir schreiben Autonomie, Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit in die­ses Gesetz, und wir werden auch bei der Umsetzung dafür sorgen, dass der betroffene Mensch im Mittelpunkt steht. Die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen wird wesent­lich gestärkt. Das, meine Damen und Herren, ein einvernehmlich gefasster Gesetzes­beschluss, ist, glaube ich, der richtige Weg, um den Betroffenen ein Leben in Men­schen­würde zu ermöglichen.

All dies und auch eine die Menschenwürde achtende Umsetzung sind besonders wich­tig für ältere Menschen, die – viele von Ihnen wissen es – mir besonders am Herzen liegen. Gemeinsam mit Ingrid Korosec, der Präsidentin des Österreichischen Senioren-


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