Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 204

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eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (185 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geän­dert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2018 - UrhG-Nov 2018) (222 d.B.) – TOP 14

Aktuell wird auf EU-Ebene der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parla­ments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (2016/0280 (COD)) diskutiert. Artikel 13 des Entwurfs sieht vor, dass Betreiber_innen von Online-Plattformen unmittelbar für Urheberrechtsverletzungen durch ihre Nutzer_innen verant­wortlich gemacht werden sollen und gemäß Absatz 4 nur dann von der Haftung befreit wären, wenn sie beweisen, dass sie "bestmögliche Anstrengungen" unternommen haben, um urheberrechtlich geschütztes Material nicht zugänglich zu machen. Dem Vor­schlag zufolge sollen also Plattformbetreiber_innen dazu verpflichtet werden, durch „wirksame Inhaltserkennungstechniken“ oder sogenannte „Upload-Filter“ Inhalte bereits vor ihrer Veröffentlichung auf eine vermeintliche Urheberrechtsverletzung hin zu überprüfen.

Am 25. Mai 2018 hat sich der Rat der Europäischen Union für die Einführung von Upload-Filtern ausgesprochen und damit die Verhandlungsbasis für die künftigen interinstitutionellen Verhandlungen über die Reform des EU-Urheberrechts zwischen Vertreter_innen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Rates der Europäischen Union dargelegt. Am 20. Juni 2018 hat zudem der Rechtsaus­schuss des Europäischen Parlaments für die umstrittene EU-Urheberrechtsreform gestimmt und die interinstitutionellen Verhandlungen mit den anderen Legislativ­orga­nen der EU eröffnet. Dabei kommt der österreichischen Bundesregierung mit Über­nahme des Ratsvorsitzes durch Österreich am 1.Juli 2018 eine besondere Rolle zu.

Dieser Richtlinien-Vorschlag ist jedoch aus grundrechtlicher Sicht höchst proble­ma­tisch. Ein automatisiertes Filtern von Nutzerinhalten vor Veröffentlichung auf Online-Plattformen kommt einer Zensur gleich und greift unverhältnismäßig in die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürger_innen ein, welche durch Artikel 13 Staats­grund­gesetz, Artikel 10 Europäische Menschenrechtskonvention und Artikel 11 EU-Grund­rechte­charta garantiert werden.

Problematisch ist außerdem, dass es bislang keine technische Lösung gibt, die es ermöglicht, urheberrechtlich geschützte und nicht geschützte Inhalte automatisiert zu unter­scheiden, wodurch es zur Blockierung und Löschung legaler Inhalte kommt (etwa bei Satire oder Zitaten). Erschwerend kommt hinzu, dass den Anbieter_innen die Infor­mationen zur Beurteilung der Frage, ob das hochgeladene Material urheberrechtlich geschützt ist oder nicht, fehlen. Dies hat zur Konsequenz, dass Plattformen aus Angst vor Unterlassungsansprüchen im Zweifel mehr Inhalte blockieren werden, als sie tatsächlich müssten. Die Einführung von Upload-Filtern und der damit einhergehende Aufbau einer nur schwer kontrollierbaren Zensur-Infrastruktur birgt darüber hinaus die Gefahr, dass diese Instrumente in weiterer Folge für die Blockierung anderer Inhalte angewendet oder für eigene Zwecke der Anbieter_innen genutzt werden. Die Imple­mentierung von Upload-Filtern würde eine automatisierte Zensur im Internet und eine unverhältnismäßige Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im digitalen Raum bedeuten.

Ein weiterer problematischer Aspekt der im Richtlinien-Vorschlag über das Urheber­recht im digitalen Binnenmarkt enthalten ist, ist das neue europäische Leistungs­schutz­recht für Presseverleger (siehe Artikel 11 des Entwurfs). Dadurch soll das Zitieren und Verlinken von Artikeln im Internet erschwert werden. Konkret sieht das Leistungs­schutz­recht vor, dass Suchmaschinenanbieter und ähnliche Dienste, wie etwa Google News oder Facebook, Titel und kurze Vorschautexte nicht mehr kostenlos anzeigen dürfen. Onlinedienste sollen in Zukunft Lizenzverträge mit den Verlagen abschließen, wenn sie deren Inhalte, so z.B. Auszüge von Nachrichtenseiten, anzeigen wollen.

 


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