Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung, 19. Oktober 2018 / Seite 9

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völlig unglaubwürdig, von einer Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit zu sprechen, die die Verlängerung von Grenzkontrollen rechtfertigen würde.

Schaden für das Ansehen Österreichs während der Ratspräsidentschaft und Spaltung der Gesellschaft

Mehr als die Hälfte der Ratspräsidentschaft Österreichs ist nun vorbei. Die österreichi­sche Bundesregierung fiel bisher vor allem durch Fototermine in Tracht und außen­politische Eklats, wie etwa der berühmte Knicks der Außenministerin vor dem russi­schen Präsidenten, auf. Der österreichische Politikwissenschaftler Anton Pelinka drückte es folgendermaßen aus: „Die Ratspräsidentschaft wird wie eine gewaltige PR-Veranstaltung für die Wiener Regierung aufgezogen (und ein wenig auch für die EU). Auf der einen Seite werden Bundeskanzler Sebastian Kurz, sein Vize Heinz-Christian Strache und ihre Ministerriege den Wählern zu demonstrieren versuchen, über welch beeindruckendes europapolitisches Gewicht sie verfügen. Europa höre ihnen zu – ihnen, den Wächtern über die Balkan- und andere Migrationsrouten“ (Die Zeit, 25.6.18).

Die EU-Kommission drängt bereits seit Anfang des Jahres auf ein möglichst baldiges Ende der Grenzkontrollen. Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte bereits da­mals, er werde nationalen Grenzkontrollen „nicht für immer“ zustimmen und: „Wir müs­sen zügig zur normalen Funktionsweise des Schengen-Systems zurückkehren. Die Wiedereinführung dauerhafter Grenzkontrollen im Schengen-Raum wäre ein schwerer Rückschlag.“ Es gehe nicht nur um die Reisefreiheit, sondern auch das Gefühl der EU-Staaten, zusammenzugehören, statt von einander abgeschottet zu sein (APA, 19.4.18).

Die Aufgabe der österreichischen Bundesregierung während ihres Ratsvorsitzes wäre es, im Sinne des Zusammengehörigkeitsgefühls zu argumentieren, mit gutem Beispiel voranzugehen und die vier Grundfreiheiten der Union im Sinne aller EU-Bürger_innen zu verteidigen. Ihr einziger „Erfolg“ hingegen war bisher, die Freiheiten der Unions­bürger und Unionsbürgerinnen einzuschränken und einer Politik der Angstmache und der Exklusion in ganz Europa Tür und Tor zu öffnen und sie salonfähig zu machen. Statt Allianzen mit Kräften einzugehen, die ein starkes, zukunftsfittes und nach außen hin einiges Europa vorantreiben wollen, schließt man sich mit den Spaltern und Hin­derern der europäischen Einigung zusammen. Dieser Regierung liegt es nur daran, weiterhin eine innere Bedrohung zu suggerieren und damit die Einschränkung der Freiheit der Bürger_innen zu rechtfertigen. Die Spaltung der Gesellschaft ist die Luft, die diese Regierung zum Atmen braucht. Über die Folgen für die Österreicherinnen und Österreicher und deren Geldbörse macht man sich offenbar keine Gedanken.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage

Formeller Entscheidungsprozess

1. Auf welche Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parla­ments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) stützt die Bundesregierung die erneute Verlängerung der Grenzkontrollen an Binnengrenzen des Schengen-Raums im November 2018?

2. Laut Art 25 Abs 1 Schengener Grenzkodex können Kontrollen für höchstens 30 Tage angeordnet werden, nach Abs 3 können diese um weitere 30 Tage verlängert werden, nach Abs 4 können sie anschließend bis zu einem Maximum von sechs Mo-


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