Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung, 19. Oktober 2018 / Seite 20

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Verantwortung, in Österreich Vorsorge zu treffen. Alles andere wäre verantwortungslos und würden Sie als Opposition uns natürlich, auch zu Recht, vorhalten. Aber wir tun das eben nicht, wir sorgen vor, falls es wieder schlimmer wird.

Wenn ich Ihnen noch einen Aspekt dazu sagen darf: Es ist notwendig, diese Vorsorge zu treffen, denn die größte Gefährdung des europäischen Projekts ist, wenn die Menschen die Akzeptanz dieses europäischen Projekts und das Vertrauen darin ver­lieren. Das wäre ein großes Problem. (Abg. Meinl-Reisinger: Dann schauen Sie, dass es europäische Lösungen gibt!) – In der Flüchtlingskrise 2015 haben die Menschen das Vertrauen verloren, und deswegen sagen wir: Wehret den Anfängen! Wir brauchen das grenzfreie Europa nach innen, deswegen brauchen wir Außengrenzschutz nach außen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich habe auch manchmal den Eindruck, dass manche europäische Politiker die Meinung der Menschen, der Bevölkerung in ganz Europa fast ein bisschen ignorieren und vom Tisch wischen, und sagen: Conditio sine qua non – das europäische Projekt muss, egal ob die Menschen es akzeptieren oder nicht, weitergehen. Ich sage Ihnen: Wenn Europa zu einem Projekt der Eliten wird und das Vertrauen und die Akzeptanz in der Bevölkerung verliert, dann wird auch Europa in Zukunft verlieren, und deswegen müssen wir auf die Menschen hören. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das ist für mich eine der großen Lehren aus dem Brexit. Damals ist etwas Schreck­liches passiert: Großbritannien hat sich dazu entschieden, die Union zu verlassen, und das, obwohl es aus meiner Sicht, aus meiner Lebensgeschichte mit Europa eigentlich eine ständige, lineare Weiterentwicklung gegeben hat und es jeder für unmöglich empfunden hat, dass ein Land die Europäische Union wirklich verlassen würde. Es gibt viele Vorteile – das größte Friedensprojekt et cetera –, und trotzdem ist es passiert.

Die Frage ist: Welche Schlüsse ziehen wir jetzt daraus? Ich kann mich erinnern, am 24. Juni 2016, am Tag nach dem Brexit-Referendum, haben ganz, ganz viele österreichische Politiker gefragt, warum David Cameron hat abstimmen lassen. Warum hat er das getan? – Ich halte allein diese Frage schon für eine Katastrophe, weil sie eine Abgehobenheit von Eliten zeigt, die einfach nicht am Tapet stehen sollte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Was reden Sie da? – Abg. Leichtfried: Was ist mit der Abgehobenheit bei ...? – Abg. Erasim: Wie ist das mit dem Nichtraucher­schutz? – Abg. Kuntzl: Wie ist das mit dem Rauchen?) Die wesentlich wichtigere Frage, die zu stellen wäre, ist: Warum haben denn die Menschen dafür abgestimmt, zu gehen?

Wenn wir uns das ansehen und nachfragen, dann sehen wir eindeutig, dass der Aspekt der Migration ein wesentlicher Grund war, warum leider Gottes viele Britinnen und Briten gesagt haben, dass sie gehen wollen. Jetzt auch noch so zu tun, als ob man das europäische Projekt infrage stellen würde, weil man gegen illegale Migration kämpft, ist zutiefst polemisch und antieuropäisch, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Im Übrigen sollten Sie Ihre Lehren aus der jüngsten Geschichte der Europäischen Union gezogen haben. Die letzten drei Jahre sind immer nach einem bestimmten Muster abgelaufen: Vor drei Jahren hat Bundeskanzler Sebastian Kurz, damals noch nicht Bundeskanzler, gesagt, dass es die Notwendigkeit gibt, die Westbalkanroute zu schließen. Er ist dafür vielfach kritisiert worden, auch von Ihnen allen. Und was ist passiert? – Im Nachhinein hat es sich als richtig herausgestellt. (Abg. Loacker: Wenn sie eh geschlossen ist, wozu braucht es dann Grenzkontrollen? – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Kurze Zeit später hat er gesagt, auch die Mittelmeerroute muss geschlossen werden. Damals haben viele: Vollholler, geht nicht, et cetera gesagt, jetzt ist es Common Sense


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