Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung, 21. November 2018 / Seite 26

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

dass sie nicht in Traiskirchen im Freien schlafen, weil so viele von ihnen gleichzeitig nach Österreich kommen! Schmeißen Sie Ihre Angstliste weg! Seien Sie ehrlich, sehen Sie Migration als Herausforderung, die man aber nicht als Problem hochhalten, son­dern als Chance nützen soll! Das erwarte ich von Ihnen, das wäre der verantwortungs­volle, ehrliche Weg.

Um mit Warren Bennis zu sprechen, Herr Kanzler: „Die Kernkompetenz von Führung ist Charakter!“ (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Wö­ginger: Der Kern ist nicht mehr da! Politik im Blindflug ist das! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: „Kern“kompetenz?! In der Witzkiste ge­schlafen?!)

9.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ross­mann. – Bitte.


9.51.14

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Die Staatengemeinschaft steht in diesem Jahrhundert vor drei großen Herausforderungen: dem Klimawandel, der sozialen Frage und der Migration; und es ist gerade die Migration, die auf das Allerengste mit dem Kli­mawandel und der sozialen Frage zusammenhängt.

Der Klimawandel wird, so er nicht einer Lösung zugeführt wird – und eine solche zeich­net sich nicht ab –, zu Klimaflüchtlingen führen, in einem Ausmaß, das wir bisher nicht gesehen haben. Auch die Ignoranz gegenüber der Lösung der sozialen Frage wird aber die Flucht vom Süden in den Norden begünstigen und erhöhen. Die Kluft zwi­schen Arm und Reich geht auseinander, ein rücksichtsloses Gewinnstreben einer aus­schließlich auf Gewinn ausgerichteten Handelspolitik zerstört die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort.

Die Ratspräsidentschaft wird nicht genützt, um die Fragen des Klimawandels, der Kli­makrise zu lösen. – Nein, Sie schauen da zu. Die Ratspräsidentschaft wird aber auch nicht dazu genützt, um die soziale Frage, die Frage der Vertiefung der Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen der Ersten und der Dritten Welt zu lösen.

Ich halte es daher vor diesem Hintergrund für kurzsichtig, diesen UN-Migrationspakt abzulehnen. Migration muss gestaltet werden, und der Migrationspakt ist ein Versuch dieser Gestaltung.

Migration sollte niemals ein Akt der Verzweiflung sein, und auch Lösungswege dahin sollten niemals ein Akt der Verzweiflung sein, sondern sie brauchen ein Regelwerk. Ein solches Regelwerk liegt nun vor. Österreich hat an diesem Regelwerk mitverhandelt, distanziert sich aber nun unverständlicherweise von diesem Regelwerk und sitzt in einem Boot, agiert gemeinsam mit illustren politischen Figuren wie Donald Trump und Viktor Orbán.

Sie, Herr Kanzler, agieren aber nicht nur verantwortungslos in diesem Sinne, sondern Sie ruinieren damit auch den guten Ruf Österreichs als zuverlässigen Partner in der Staatengemeinschaft. Sie betonen im Zuge des Ratsvorsitzes immer wieder, dass Sie Brückenbauer sein wollen. – Sie sind aber nicht Brückenbauer, Sie nehmen diese Rol­le in Europa nicht wahr! (Beifall bei JETZT.)

Ganz im Gegenteil: Sie betreiben mit Ihrer Angst- und Panikmache eine Politik der Spaltung – gemeinsam mit Viktor Orbán, gemeinsam mit Horst Seehofer, gemeinsam mit Matteo Salvini und anderen. Sie lassen sich in dieser Frage, Herr Bundeskanzler, von der FPÖ vor sich hertreiben – leichtfertig, würde ich meinen, und aus einem innen­politischen Opportunismus heraus. Sie spielen die Klaviatur der Angst- und Panikma-


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite