Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Die Teuerung hat relativ große Löcher in die Budgets vieler Haushalte in Öster­reich gerissen. Die Regierung hat entsprechend ein großzügiges Entlastungspaket ge­schnürt, das insbesondere für Haushalte mit geringerem Einkommen eine Entlastung mit sich bringt, die größer ist als das, was an Zusatzbelastung durch die Teuerung auf sie zukommt, wie das Momentum-Institut zeigt. Trotzdem gibt es jetzt natürlich die Not­wendigkeit, budgetäre Mittel dafür in die Hand zu nehmen, das betrifft jetzt quasi den Staatshaushalt. Das ist auch gerechtfertigt, weil ja die Umsatzsteuer und auch andere Steuern zum Teil Mehreinnahmen in die Staatskasse spülen.

Aber wie schätzen Sie die Auswirkungen des Entlastungspakets auf das Staatsbudget ein?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 208/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie bewerten Sie die Auswirkung der Teuerungs-Pakete auf den österreichischen Staatshaushalt?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie haben schon umfassend beschrieben, dass tatsächlich mit der ökosozialen Steuerreform be­ginnend und dann mit den folgenden Antiteuerungspaketen viel Geld in die Hand ge­nommen worden ist, nachdem schon viel Geld in die Hand genommen worden war, um die Folgen der Pandemie zu lindern. Das Entscheidende ist, dass sich diese Investi­tionen – auch heute, aus der Rückschau betrachtet – gelohnt haben. Auf der einen Seite sind wir durch die Pandemie gekommen, indem das Wirtschaftswachstum gestiegen ist, Rekordbeschäftigung gegeben ist und die Schulden nach wie vor trotz des vielen Gel­des, das aufgenommen worden ist, weiter abgebaut werden.

Wie ist das möglich? – Weil Gott sei Dank das Konsumverhalten und auch das Produk­tionsverhalten in Österreich nicht geschrumpft, sondern eher noch gestiegen sind. Das heißt: Diesen Zustand müssen wir aufrechterhalten. Das ist auch ganz wichtig beim gro­ßen Entlastungspaket im Umfang von 26 Milliarden Euro, das jetzt beschlossen worden ist, einerseits mit den Sofortmaßnahmen, die ich vorhin erwähnt habe – erhöhte Kinder­beihilfe, Antiteuerungs- und Klimabonus im Wert von 500 Euro, die Familienbeihilfe mit 180 Euro zusätzlich, der Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro erhöht, 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen, 500 Euro Absetzbetrag für Pensionistinnen und Pensionisten; das alles sind kostenintensive Maßnahmen im Wert von 6 Milliarden Eu­ro –, um umfassend in der aktuellen Situation zu helfen, aber es ist dazu auch noch eine Strukturreform beschlossen worden, die Sie ansprechen, die eben auch kostenintensiv ist, und zwar die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung, der kalten Progres­sion, die dann in weiterer Folge grundsätzlich zu einer Verbesserung der Einkommens­situation der Menschen führen wird.

Es gibt also die ökosoziale Steuerreform, es gibt die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung, das heißt, da werden durch Maßnahmen strukturelle Veränderungen vorgenommen, damit die Menschen jeden Monat mehr Geld zum Leben haben, mit dem Ziel, dass der Konsum weiter anhält, dass durch die Mehrwertsteuereinnahmen und an­dere Steuereinnahmen tatsächlich auch die Gegenfinanzierung möglich ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Welche Maßnahmen haben aus Ihrer Sicht den größten Grad an Selbstfinanzierung?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Wenn es uns gelingt, dass wir das Konsum­verhalten der Menschen weiter aufrechthalten, dass es eben keine Angst vor der Aus­gabe gibt, sondern tatsächlich auch noch weiter konsumiert wird, dann sehe ich die große Entlastungsmaßnahme, die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung – die zwar dann erst in vielen kleinen Schritten bei den Menschen spürbar wird, aber in der Summe die größte Budgetbelastung ist –, am stärksten gegenfinanziert, wenn tat­sächlich die wirtschaftliche Situation dann auch so bleibt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Gödl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, die Teuerung betrifft natür­lich alle Bereiche und alle Branchen unseres täglichen Lebens. Daher meine Frage ganz konkret: Welche Maßnahmen hat die Regierung zur Sicherung der Pflege gesetzt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Die Pflegediskussion läuft schon seit vielen, vielen Jahren. Wem sage ich das beziehungsweise wer weiß das besser als Sie, der sich seit Jahren dafür einsetzt, dass eine Verbesserung für die Menschen, die in der Pflege tätig sind, sei es beruflich, seien es aber auch die Angehörigen, tatsächlich erreicht wird? – Es ist das Pflegepaket im Wert von 1 Milliarde Euro beschlossen wor­den, entscheidend ist, dass dieses Geld jetzt bei all den Betroffenen auch tatsächlich ankommt.

Es ist aber nicht nur eine finanzielle Frage, wie wir durch intensive Diskussionen mit denen, die sich auch wirklich damit beschäftigen und selbst davon betroffen sind, he­rausgefunden haben, sondern es braucht eben auch eine Reform der Ausbildung, es braucht eine Erleichterung im Zugang zur Pflege und es braucht vor allem auch eine Entlastung der Pflegenden, die zu Hause und privat pflegen. Das alles ist in diesem Paket enthalten. Ich weiß, dass die Kritik darin besteht, dass es zu spät kommt und zu lange gedauert hat, aber das Entscheidende ist, dass es jetzt beschlossen worden ist, in die Umsetzung kommt und bei den Menschen dann Wirkung zeigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte.

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Obwohl Sie durch das dritte Maßnahmenpaket gegen die Teuerung Entlastungen von 28,8 Milliarden Euro angekündigt haben, wurden gestern mit der 2. Budget-Novelle lediglich Entlastungen von 3,66 Milliarden Euro beschlossen. Das heißt, Ihre Antwort an Kollegen Schwarz war falsch. Wir haben gestern nicht 28,8 Milliarden Euro Entlastung beschlossen, sondern 3,66 Milliarden Euro. Das heißt, Sie sind da offenbar nicht wirklich auf dem aktuellen Stand des parlamentarischen Vor­ganges.

Wir haben lediglich 12,7 Prozent des versprochenen Entlastungsvolumens beschlossen. Das heißt, entweder wurde dem Nationalrat hier wieder einmal ein Budget präsentiert, welches von vorne bis hinten nicht stimmt, oder, zweite Erklärung, die Bundesregierung betreibt wieder einmal eine reine Ankündigungspolitik und keine Entlastungspolitik.

Nun zu meiner Frage: Warum wurden im Budget durch die 2. Budget-Novelle gestern lediglich Entlastungsmaßnahmen von 3,66 Milliarden Euro beschlossen, obwohl sie 28,8 Mil­liarden ...

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind schon über der Zeit, bitte! (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): ... und auch als Antwort gegeben haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Sie waren ja selbst Staatssekretär im Finanzministerium, wissen daher, dass parlamentarische Be­schlüsse zur Gesetzwerdung immer erst dann Sinn machen, wenn alle Reformprojekte tatsächlich auch so weit gediehen sind, dass sie beschlussfähig sind.

3,6 Milliarden Euro, wie Sie es anführen, gestern beschlossen heißt 3,6 Milliarden zu­sätzlich zu den 4 Milliarden Euro, die schon beschlossen wurden. Das heißt, die Summe an sich ist nach wie vor eine beachtliche. Sie wissen es aus Ihrer Zeit als Staatssekretär: Es ist hier immer von Steuermitteln die Rede, das heißt, es sind die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die das leisten.

Es wird auch noch die Abschaffung der kalten Progression erfolgen. Das wird tatsächlich noch viel, viel mehr Geld kosten, das aus unserer Sicht aber richtig und gut investiert ist, aber nochmals: Wir haben angekündigt, was wir tun. Wir haben einen Pfad vorgegeben und sind jetzt in der Beschlussfassung genau auf diesem Pfad, mit dem Ziel, die Men­schen zu entlasten.

Auch wenn wir uns an Milliardenbeträge schon gewöhnt haben: Wenn jetzt im ersten Schritt schon 3,6 Milliarden Euro dieses Jahr beschlossen worden sind, vor der Sommer­pause des Parlaments, so ist das aus meiner Sicht ermutigend für die Menschen, die das Geld brauchen – mit der zusätzlichen Familienbeihilfe im August mit 180 Euro, der Erhöhung des Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro, dem Antiteuerungsbonus und dem Klimabonus mit 500 Euro pro Person, für Kinder die Hälfte –, und ich bin davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Brand­stätter. – Bitte.