COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG (12774/SN-164/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Mehr als 200 renomierte Ärzte aus ganz Österreich haben diesen Brief mit unterzeichnet - ein starkes Zeichen - eigentlich müssten tausende diesem Beispiel folgen - aber viele haben Angst vor Repressionen und Disziplinarmaßnahmen der Ärztekammer!

✅Offener Brief!

an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Herrn a.o. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres

Herrn
a.o. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres Präsident der Österreichischen Ärztekammer
Weihburggasse 10-12 1010 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident,

Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen Facharzt für Innere Medizin Stellvertretend für zahlreiche Ärztinnen und Ärzte in Österreich Salzburg/Wien a.soennichsen@me.com

Salzburg/Wien, am 14.12.2021

mit Ihrem Rundschreiben 325/2021 vom 2.12.2021, das zwar nicht an die Öffentlichkeit gerichtet, aber inzwischen öffentlich verfügbar ist, haben Sie gegen die Grundprinzipien der evidenzbasierten Medizin und der ärztlichen Behandlungsfreiheit verstoßen und gewissenhaft arbeitenden Kolleginnen und Kollegen pauschal Disziplinarstrafen angedroht. Sie haben festgelegt, wie Ihrer Meinung nach ärztliche Berufspflicht zu definieren ist. Wenn ein Ärztekammerpräsident so agiert, verlieren wir bei unseren Patientinnen und Patienten unsere Glaub- und Vertrauenswürdigkeit.

Sie schreiben ohne Angabe von Quellen für Ihre Behauptung: „Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Pandemie darf klargestellt werden, dass es derzeit aufgrund der vorliegenden Datenlage aus wissenschaftlicher Sicht und unter Hinweis auf diesbezügliche Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums grundsätzlich keinen Grund gibt, Patientinnen/Patienten von einer Impfung gegen COVID-19 abzuraten“.

Zu dieser Aussage nehmen wir wie folgt Stellung: Die Datenlage hinsichtlich der Effektivität und Sicherheit der in Österreich verfügbaren COVID-19 Impfstoffe ist keineswegs einheitlich und eindeutig und ist zudem einem permanenten Wandel unterworfen. Während man bis vor wenigen Wochen davon ausging, dass die COVID-19 Grundimmunisierung Schutz gegen die Erkrankung gewährt, ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass dieser Schutz erstens allenfalls hinsichtlich schwerer Verläufe relevant ist und zweitens nach spätestens sechs bis sieben Monaten statistische Signifikanz verliert (siehe z.B. https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3949410). Weiters ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Geimpfte und Nichtgeimpfte die Infektion gleichermaßen weitergeben können (siehe z.B. https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00648-4/fulltext). Das Argument, dass mit der Impfung eine „Herdenimmunität“ erzielt werden kann, ist also obsolet. Ob durch die Boosterimpfung ein weitergehender Schutz erzielt werden kann, ist ungewiss. Die bisher hierzu vorliegenden Studien überblicken nur wenige Wochen machen deutlich, dass die absoluten

Effekte allenfalls marginal sind und sicher am Verlauf der Pandemie insgesamt nichts ändern werden (siehe z.B. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2114255). Dies ist insbesondere daran zu erkennen, dass kein Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz nachweisbar ist (siehe z.B. https://doi.org/10.1007/s10654-021-00808-7).
Hinzu kommt die große Mutationsfreudigkeit von SARS-CoV-2. Bereits gegenüber der derzeit noch vorherrschenden Delta-Variante wurde ein verminderter und rasch schwindender Effekt der Impfungen gezeigt (siehe z.B. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2114228). Ob gegenüber der sich derzeit ausbreitenden Omikron-Variante überhaupt noch ein Schutz vorliegt, ist unbekannt.
Die Schutzwirkung der COVID-19-Impfungen ist – wenn überhaupt – lediglich für Personen mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf für COVID-19 relevant. Etwa 98% der schwer von COVID-19 betroffenen Personen weisen mindestens eine relevante Vor- oder Begleiterkrankung auf. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei über 80 Jahren. Gesunde Menschen unter 65 Jahren ohne Risikofaktoren sind in der Regel nicht durch einen schweren COVID-19-Verlauf (mit Hospitalisierung, Intensivbehandlung oder Tod) betroffen. Bei diesen Personen überwiegen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit die Risiken durch die Impfung den potentiellen Nutzen. Zumindest muss man diesen Menschen eine freie Impfentscheidung nach ehrlicher und umfassender ärztlicher Aufklärung zubilligen.
Die Anzahl der berichteten Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe kann man nur als erschreckend bezeichnen (siehe z.B. https://www.adrreports.eu/de/ – allein 607.283 Meldungen nur für Comirnaty, Stand 9.12.2021), wenn auch die Kausalität für den individuellen Fall nicht nachweisbar bleibt. Bisher wurden bereits neun Rote-Hand-Briefe verschickt, die vor schweren Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen warnen. Die pauschale Deklarierung der Impfstoffe als „sicher“ durch Ärztekammer, Politik und Medien offenbart sich somit als unwissenschaftliche Propaganda.

Ärztinnen und Ärzten muss nicht nur erlaubt sein, auf ein mögliches Missverhältnis zwischen Nutzen und Schaden bei den COVID-19-Impfungen hinzuweisen, sondern sie sind aufgrund ärztlicher Ethik und nach dem Genfer Gelöbnis geradezu verpflichtet, ihre Patientinnen und Patienten über die zahlreichen möglichen Nebenwirkungen und Risiken der Impfung aufzuklären.

Die Ärzteschaft und damit natürlich auch die Ärztekammer ist der Evidenzbasierten Medizin verpflichtet. Zur Evidenzbasierten Medizin gehören neben der Säule der vorliegenden Studienevidenz die gleichwertigen Säulen „ärztliche, klinische Expertise“ und „Wertvorstellungen der Patientin bzw. des Patienten“ (siehe https://www.bmj.com/content/312/7023/71). Die Säule der „ärztlichen, klinischen Expertise“ ist für evidenzbasiertes medizinisches Handeln zwingend erforderlich, weil Studienevidenz und Leitlinien (die erste Säule der Evidenzbasierten Medizin) immer an Patienten- oder Probandenpopulationen gewonnen werden und ausgerichtet sind, und nicht an individuellen Patientinnen und Patienten. Eine Übertragbarkeit auf den einzelnen Patienten ist niemals zu 100% gegeben und bedarf der abwägenden Beurteilung durch eine erfahrene Ärztin bzw. einen erfahrenen Arzt. Aus diesem Grunde haben auch medizinische Leitlinien keine Rechtsverbindlichkeit für die Behandlung des individuellen Menschen. Die dritte Säule, die Wertvorstellungen des Patienten, ist ebenso unabdingbar wie die ersten beiden Säulen, weil jedem Menschen das letzte Wort zusteht, welche medizinischen Maßnahmen an seinem Körper, seiner Seele und seinem Geiste ausgeführt werden. Hierzu gibt es unter anderem die persönliche Patientenverfügung, die jenseits jeglicher Wissenschaft individuelle Patientenentscheidungen über alles stellt.

Wir fordern Sie, Herr Präsident, auf, als oberster Repräsentant der österreichischen Ärzteschaft die Grundprinzipien einer evidenzbasierten ärztlichen Behandlung zu respektieren und die jeder
ärztlichen Tätigkeit zugrunde liegende individuelle Behandlungsfreiheit zu schützen. Dies gilt in besonderem Maße für eine Impfung mit bedingt zugelassenen Impfstoffen, über deren Wirksamkeit und Nebenwirkungen noch kein abschließendes Urteil möglich ist, sonst wäre die Zulassung nicht nur bedingt erteilt worden.

Wir haben als Ärztinnen und Ärzte gelobt, unsere Patientinnen und Patienten – seien es Kranke, die um Hilfe suchen oder Gesunde, die zur Beratung kommen – nach bestem Wissen und Gewissen umfassend und ausgewogen zu beraten. In diese Beratung fließen sowohl die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Bereich der Medizin nie so eindeutig sind, dass sie auf alle Patientinnen und Patienten pauschal Anwendung finden können, als auch unsere eigene, in Studium und langjähriger Berufserfahrung erworbene klinische Erfahrung und die Wünsche unserer Patientinnen und Patienten ein. Das Beratungsergebnis ist immer ein individuelles und es wird seit Jahrtausenden durch die ärztliche Behandlungsfreiheit gedeckt.

So ist umgekehrt auch der ärztliche Kunstfehler immer auf einer individuellen Basis zu analysieren. Ein Kunstfehler liegt dann vor, wenn eine ärztliche Maßnahme ohne entsprechende Aufklärung durchgeführt oder unterlassen wird und die Patientin bzw. der Patient hierdurch zu Schaden kommt. Jeder Kunstfehler muss im Einzelfall hinsichtlich dieser Kriterien überprüft und nachgewiesen werden. Es widerspricht jeglicher ärztlichen Ethik und den Grundprinzipien einer patientenzentrierten, evidenzbasierten Medizin, wenn ein Kammerpräsident für ein bestimmtes, individuelles Beratungsergebnis zwischen Ärzten/Ärztinnen und Patienten/Patientinnen pauschal eine disziplinarrechtliche Prüfung und Sanktionierung androht.

Herr Präsident, Sie haben dem Ansehen und dem Selbstverständnis der Ärzteschaft durch Ihr Schreiben vom 2.12.2021 nachhaltigen Schaden zugefügt. Wir fordern Sie hiermit auf, Ihr Schreiben vom 2.12.2021 öffentlich zu widerrufen oder als Kammerpräsident umgehend zurückzutreten.

📌Weiters geben wir bekannt, dass wir uns weder durch Sie noch durch andere Kammerfunktionäre mit ähnlicher Gesinnung einschüchtern lassen. Wir werden unter Berufung auf das Genfer Gelöbnis und die ärztliche Behandlungsfreiheit unsere Patientinnen und Patienten auch zukünftig nach bestem Wissen und Gewissen behandeln und für jede Patientin und jeden Patienten auch unter Berücksichtigung psychiatrischer Kontraindikationen individuell gemeinsam mit dieser/diesem entscheiden, ob eine Impfung gegen COVID-19 sinnvoll ist oder nicht.

Mit freundlichen Grüßen,
Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen,
Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Wien, Salzburg Univ.-Prof. DDr. Martin Haditsch
Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie, Leonding
Univ.-Prof. Dr. Dr. Christian Schubert, Neuroimmunologe, Innsbruck
DDr. Wolfgang Klinger, Facharzt für Labormedizin, Klagenfurt
Dr. Alexandra Holzmann-Masin, Ärztin für Allgemeinmedizin, Gföhl
Dr. Alexandra Meixner, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Martin
Dr. Alexandra Pagitz, Ärztin

Stellungnahme von

Schaufler, Helmut

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