COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG (83399/SN-164/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,

für die von Ihnen angestrebte Impfpflicht gibt es meiner Meinung nach keine nachgewiesene Verhältnismäßigkeit.

1.) Nicht vorhandene Verhältnismäßigkeit zur körperliche Integrität.

Die körperliche Integrität eines Menschen ist unantastbar. Unzählige Normen schützen diese körperliche Unversehrtheit (zB §§ 75 ff, 110, 275, 321 uA StGB, 173, 256, 1295 ff ABGB, Art. 2, 3 u 8 EMRK, Art. 3 GRC uA) Wenngleich die österreichische Bundesverfassung keine ausdrückliche Schutzbestimmung enthält, ergibt sich diese insbesondere Art. 8 EMRK, der seit 1964 im Verfassungsrang steht. Dieser umfasst u.a. die körperliche und geistige Integrität, die verletzt ist, wenn eine medizinische Behandlung ohne Zustimmung durchgeführt wird, egal ob durch Ausübung unmittelbaren Zwanges oder eine nicht physisch vollstreckbare Duldungspflicht (Kopetzky, Unterbringungsrecht I 408). Die hochgespielte Unterscheidung zwischen Impfpflicht (die mit Strafen erzwungen wird) und direktem Impfzwang ist für die Qualifizierung als Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützten Rechte irrelevant, dieser liegt hier unstreitig vor. Es erhebt sich demnach die Frage, ob dieser Zwangseingriff, insbesondere mit dem Vorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vereinbar ist. Im gegenständlichen Fall ist das klar zu verneinen.

2.) Nicht vorhandene Verhältnismäßigkeit für die Wirksamkeit der Impfung:

Für die als letztes Mittel denkbare Anordnung eines gesetzlichen Zwangseingriffes durch eine Impfpflicht ist insbesondere gefordert, dass der Eingriff zum Schutz der Gesundheit des Einzelnen genauso wie der Gesundheit der Allgemeinheit, z.B. der Ausrottung der Krankheit in der Gesamtbevölkerung dient und dafür geeignet, erforderlich und angemessen ist. Geeignet ist er, wenn damit das Schutzziel erreicht werden kann, erforderlich, wenn das gelindeste Mittel angewandt wird und angemessen, wenn die Güterabwägung zwischen dem Recht des Einzelnen und dem Schutzziel eindeutig zugunsten des letzteren ausfällt. Das Ziel einer bestimmten Durchimpfungsrate (90%), wie in den Erläuterungen angeführt, ist kein berechtigtes Schutzziel, zumal auch mit dieser Durchimpfungsrate, wie Beispiele aus anderen Ländern (Gibraltar, Portugal, Dänemark, Schweden,) zeigen, eine weitere Ansteckungswelle, zuerst mit Delta, dann gefolgt von Omnikron nicht verhindert werden konnte. Hier sei besonders darauf hinzuweisen, dass die zur Zeit vorhandenen Impfstoffe Impfdurchbrüche bei allen Varianten nicht verhindern können und auch in absehbarer Zeit dies nicht leisten werden können. Die „Vollimmunisierung“ führt zu Impfdurchbrüchen, wobei dabei bezeichnenderweise nur die tatsächlich Erkrankten und nicht die positiv Getesteten gezählt werden, was ein völlig falsches Bild ergibt. Es gibt keinen ausreichenden Schutz vor einer Infektion der Geimpften und ist mittlerweile allgemein bekannt, dass auch diese das Virus weitergeben, sie sind nicht steril, was übrigens im Zulassungsantrag der Hersteller auch gar nicht behauptet wird.

3.) Nicht vorhandene Verhältnismäßigkeit beim Ausmaß der Durchseuchung:

Tatsächlich fehlt es aber bereits an den Grundlagen, um die Notwendigkeit und Zulässigkeit eines derart massiven Grundrechtseingriffes überhaupt beurteilen zu können. Die tatsächliche Mortalität der Viruserkrankung ist unbekannt, liegt nach Studien bei 20 – 50 Jährigen bei 0,042%. In unserer hochtechnologischen Zeit ist es zudem nicht möglich (tatsächlich nicht gewünscht), diese Daten zu erheben. Niemand weiß, wieviele der ca. 13.000 bisher in Ö gezählten Verstorbenen tatsächlich aufgrund einer COVID-19 bewirkten Ursache verstorben sind. Es wird jeder gezählt, der 4 Wochen vor dem Ableben positiv getestet wurde. Diese Datenlage ist so unsicher und die Mortalität so gering, dass die Zulässigkeit eines Grundrechtseingriffes schon deshalb nicht beurteilt werden kann und daher zu unterlassen ist. Selbiges betrifft die tatsächlichen Krankheitsfälle. Es werden nur die positiv Getesteten (Positivitätsrate durchschnittlich 1,5%) gezählt und nicht erhoben, welcher Promillebereich tatsächlich erkrankt. Diese Kenntnis wäre zur Beurteilung ebenso erforderlich.

4.) Nicht vorhandene Verhältnismäßigkeit im Bezug auf wirtschaftlicher Notwendigkeit:

Auch das Argument der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Notwendigkeit ist nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Maßnahmen unserer Regierung bringen haben nicht die versprochenen Wirkungen gezeigt, wie das Beispiel Schweden, mit ähnlicher Durchimpfungsrate und Bevölkerungsstruktur zeigt. Dort ist man ohne Lockdown, Schulschließung und Ausgangssperren, auch ohne FFP2 ausgekommen. Schon vor der zweiten Corona-Welle im Herbst 2020 hatten sich ÖVP und Grüne grob verschätzt. "Ich bin sehr optimistisch, dass es in Österreich zu keiner zweiten Welle kommen wird", sagte etwa der Grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober nach dem überstandenen ersten Lockdown im Juni. Ende August - nach einem Monat des langsamen aber steten Anstiegs der Infektionen - sagte Kurz in einer Rede: "Die gute Nachricht ist, es gibt schön langsam Licht am Ende des Tunnels." So sei es „sehr wahrscheinlich, dass die Coronakrise kürzer andauern wird, als es viele Experten am Beginn der Pandemie vorhergesagt haben.“ Eine Impfpflicht werde es nicht geben. Und: Österreichs Behörden würden einen Impfstoff nur dann zulassen, wenn er erprobt ist: „Das ist ja klar.“ Ein Monat später explodierten die Infektionszahlen und führten zu Lockdown 2.0 und 3.0 Diese „Strategie“ wurde von der Österreichischen Regierung im Sommer 2021 fortgesetzt: So stellte Kurz in einem von der ÖVP verbreiteten Video im April für den Sommer eine "coole Zeit" in Aussicht. Da nahm sich die Ankündigung des Grünen Vizekanzlers Werner Kogler im Mai fast schon bescheiden aus: "Eigentlich ein bisschen ein Sommer wie damals." "Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft", plakatierte die ÖVP schließlich für ihre Sommerkampagne. Und Ende Juni doppelte Kurz mit dem Versprechen nach: "Die Pandemie ist für alle vorbei, die geimpft sind." Diesem Slogan verpflichtete sich auch sein Nachfolger im Kanzleramt, Alexander Schallenberg. "Die Pandemie ist zu Ende", verkündete Schallenberg am Rande des ÖVP-Parteitags im August in einem Interview. ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel begründete das Ende des Mottos "koste es was es wolle" im Oktober mit dem Satz: "Weil die Pandemie vorbei ist."
Gefolgt von Lockdown 4.0
Auch die neuesten Maßnahmen vom 06.01.2022 spiegeln die Widersprüchlichkeit der Regierung.
So werden Privatpersonen in der Ausübung ihrer Arbeit zur Kontrolle von Ausweisen, Impfstatus und Gesundheitsstatus verpflichtet. Eine Maßnahme die nur der Exekutive und Legislative vorbehalten ist. Gleichzeitig werden die Quarantänebestimmungen und die Bestimmungen zu Kontaktpersonen (K1 und K2) gelockert. Zusätzlich wird die Wirksamkeit der Impfung ein weiteres Mal, medizinisch und virologisch unbegründet, auf 6 Monate reduziert. Diese Widersprüchlichkeit und das Missmanagement unserer Regierung und der dadurch bewirkte gesamtgesellschaftliche Schaden, können nicht als Begründung für die Impfpflicht herangezogen werden.

5.) Nicht vorhandene Verhältnismäßigkeit im Bezug auf Datenschutz und Rechtssicherheit:

Die ARGE DATEN hat sich ausführlich mit dem Entwurf zur sogenannten Impfpflicht befasst und eine umfassende Stellungnahme abgegeben:
- http://ftp.freenet.at/privacy/gesetze/impfpflicht.pdf
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SN/SN_52778/index....
Das Ergebnis ist ernüchternd. In der vorliegenden Fassung werden Grundrechte verletzt und das Vertrauen der Bevölkerung in einen demokratischen Rechtsstaat massiv erschüttert. Der Entwurf ist als äußerst problematische Anlassgesetzgebung zu werten, durch den bisherige Versäumnisse des Pandemiemanagements und der Gesundheitsversorgung durch Grundrechtsverletzungen kaschiert werden sollen. Der Entwurf begeht mehrere Tabubrüche, die bisher in unserer Rechtsordnung nicht vorstellbar waren:

- Einführung der Rasterfahndung zur Verhängung von Verwaltungsstrafen
- Entindividualisierung der medizinischen Versorgung
- Umkehr der Unschuldsvermutung zum Schuldverdacht
- automatisierte Ausstellung von Strafverfügungen ohne individuelle Prüfung der tatsächlichen Strafwürdigkeit

Zusammengefasst liegen bei den derzeitigen Verhältnissen keine Gründe vor, welche die Einführung der Impfpflicht rechtfertigen könnte. Ich forder daher, das Gesetzesvorhaben zu unterlassen und das Gesetz zu Gänze abzulehnen

Mit freundlichen Grüßen
Christian Hiel

Stellungnahme von

Hiel, Christian

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